Israelische Armee

»Die rote Fahne hissen«

Die Einsatzfähigkeit der israelischen Luftwaffe und der gesamten Streitkräfte könnte gefährdet sein. Foto: copyright (c) Flash90 2022

Nahezu 4000 Reserveoffiziere wollen ihren Dienst in der israelischen Armee IDF verweigern, sollten die geplanten weitreichenden Änderungen im Justizwesen durch die Regierung in Jerusalem eingeführt werden. Damit drohen sie in mehreren Schreiben.

Die Reservisten befinden sich in Schlüsselpositionen der Armeestruktur. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem 200 Piloten und Navigatoren, 90 Mitarbeiter des Armeehauptquartiers, 50 Mitarbeiter der Flugsicherung und Dutzende Drohnenpiloten. Es werde zudem erwartet, dass die Zahl der Kampfjetpiloten und anderer Mitarbeiter der Luftwaffe, die den Dienst verweigern wollen, weiter steigen könnte. Fernsehkanal zwölf hatte die Liste veröffentlicht.

Als besonders hohes Risiko sehe die IDF vor allem einen Brief von 400 freiwilligen Reservisten, die in der Eliteeinheit Matkal dienen und sich alle namentlich identifizieren, hieß es in dem Bericht. In ihrem Brief drückten sie die Hoffnung aus, dass die Gesetzgebung noch gestoppt werden könnte, bevor sie sich gezwungen sehen, die Weigerung, ihrem Land zu dienen, in die Tat umzusetzen. Ihrer Meinung nach würden die Pläne der Koalition, das Gesetz zu verabschieden, die israelische Gesellschaft auseinanderreißen und die Grundlagen zerstören, auf denen sie aufgebaut ist. »Wir können nicht tatenlos zusehen, wie das geschieht.«

Am Wochenanfang überreichten etwa 400 Reservisten der Eliteeinheit Sajeret Matkal ihrem Chef ein Schreiben.

»Wir alle wollen, dass die destruktive Gesetzgebung, wie sie heute ist, aufhört. In der Hoffnung, dass wir uns im nächsten Reservedienst wiedersehen, nachdem das Schwert aus dem Nacken der Demokratie gezogen wurde«, schrieben sie.

Verteidigungsminister Yoav Gallant rief daraufhin Stabschef Herzi Halevi und den Generalstab der IDF zu einer Dringlichkeitssitzung ein. Die Armeeleitung befürchte, dass die Verteidigungsbereitschaft der IDF beeinträchtigt werden könnte, berichteten israelische Medien im Anschluss. Die Angelegenheit solle möglicherweise in den kommenden Tagen Premierminister Benjamin Netanjahu vorgelegt werden.

KRIEGSBEREITSCHAFT Gallant habe Halevi aufgefordert, »die rote Fahne zu hissen«, wenn er der Meinung sei, dass es ein Problem gebe. Auch in einem Bericht der New York Times wurden hochrangige israelische Beamte der Sicherheitsbehörden zitiert, die zugaben, dass die Einsatzfähigkeit des Militärs, insbesondere der Luftwaffe und die Kriegsbereitschaft, bedroht seien.

Auch Reservistenpiloten trafen sich in der vergangenen Woche mit dem IAF-Kommandanten Tomer Bar und warnten ihn vor möglichen Massenverweigerungen, sollte die Regierung die umstrittenen Gesetzesvorschläge vorantreiben.

Ende März hatte Verteidigungsminister Gallant öffentlich gewarnt, dass die Entwicklungen zu Spaltungen im Militär führen.

Rund 350 Militärärzte in Reserve äußerten sich nach Angaben von Kanal zwölf schriftlich und teilten mit, dass sie ihren Freiwilligendienst einstellen würden. Mehr als 1000 Mitglieder des Militärgeheimdienstes und verschiedener Cyberwarfare-Einheiten kündigten diese Absicht ebenfalls an.

SCHWÄCHUNG In den vergangenen Monaten hatten Reserveoffiziere und -soldaten immer wieder mit einer Dienstverweigerung gedroht, um sich gegen die ihrer Meinung nach »Schwächung der Demokratie« auszusprechen.

Bereits Ende März hatte Verteidigungsminister Gallant öffentlich gewarnt, dass die Entwicklungen zu Spaltungen im Militär führten, die eine spürbare Bedrohung für die israelische Sicherheit darstellten. Als Reaktion auf diese Warnung ordnete Premierminister Benjamin Netanjahu seine Entlassung an, nahm sie jedoch nach gesteigerten landesweiten Protesten und einem Generalstreik zurück.

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

 01.07.2025

Washington D.C.

Trump will Netanjahu am Montag treffen

Der US-Präsident und der israelische Ministerpräsident wollen über den Gazastreifen und den Iran sprechen

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Krieg

»Unser Schmerz macht uns nicht blind für das Leid anderer«: Palästinenser in Gaza zeigen Fotos getöteter israelischer Kinder

Bei Mahnwachen im Gazastreifen fordern Palästinenser mit einer ungewöhnlichen Aktion Frieden für Nahost. Die Gaza-Anwohner fordern auch die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln

 30.06.2025

Nahost

Kreise: Syrien und Israel sprechen über »Sicherheitsvereinbarungen«

Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Kriegszustand. Die neue Führung in Damaskus zeigt sich offen, das zu ändern. Aus Kreisen in Syrien heißt es, es gebe direkte Gespräche

 30.06.2025

Westjordanland

Siedlergewalt gegen Soldaten eskaliert

Jüdische Extremisten greifen Armeebasis an und zünden millionenteure Sicherheitsanlage zur Terrorverhinderung an

von Sabine Brandes  30.06.2025

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien«

Eine Äußerung des Premierministers deutet darauf hin, dass es eine Verschiebung der israelischen Prioritäten im Krieg gegen die Hamas gibt. Die Hintergründe

 30.06.2025