Jerusalem

»Die Familie verdient eine Umarmung«

Neuer Minister für öffentliche Sicherheit, Amir Ohana Foto: Flash90

Der neue israelische Minister für öffentliche Sicherheit, Amir Ohana, hat dazu aufgerufen, dass Polizeibeamte darin ausgebildet werden, Menschen mit Behinderungen identifizieren zu können. Die Äußerungen kommen einige Tage, nachdem der autistische Palästinenser Iyad Halak von israelischen Grenzpolizisten erschossen wurde. Er war unbewaffnet.

AUSSAGEN Der 32-jährige sei mit einer Hilfskraft auf dem Weg in seine betreute Ausbildungsstelle in Ostjerusalem gewesen, als er von den Sicherheitskräften aufgefordert wurde, stehen zu bleiben, schreiben israelische Medien. Der schwer behinderte Mann habe nicht verstanden, was von ihm verlangt wurde. Er flüchtete in einem Abstellraum und wurde dort erschossen. Augenzeugen berichten von sieben Schüssen, die auf den jungen Mann abgegeben wurden, offiziell bestätigt ist das jedoch nicht.

Die zwei involvierten Beamten haben widersprüchliche Aussagen zu dem Vorfall gemacht. Einer befindet sich derzeit unter Hausarrest, dem anderen wurden spezielle Beschränkungen auferlegt.

Ohana erklärte, dass die Israelis nicht von den USA lernen sollten, wo es nach dem Mord an dem Afroamerikaner George Floyd durch Polizisten seit Tagen in vielen Städten Demonstrationen gibt, zum Teil gewalttätig. Während einer Sitzung in der Knesset sagte der Minister: »Dies ist ein armer Mensch, eine arme Familie. Ich vorverurteile die Beamten nicht, aber ich sage, ›diese Familie braucht eine Umarmung‹«.

Sicherheitsminister Ohana rief die Knesset auf, Polizeigewalt gegen Zivilisten zu verurteilen.

Der Vorfall werde untersucht. »Vielleicht gibt es Details, von denen man lernen kann, um so etwas zukünftig zu verhindern. Es gibt Grundlegendes, das getan werden muss, und ich plane, es voranzubringen.« Ohana rief die Knesset auf, Polizeigewalt gegen Zivilisten zu verurteilen, sagte jedoch auch, dass nach seiner Erfahrung, »die meisten Polizisten aus Selbstschutz handeln«.

MITGEFÜHL Der Oberrabbiner von Jerusalem, Rabbi Aryeh Stern, besuchte die Familie Halak in Ostjerusalem, begleitet von Vertretern der Stadtverwaltung. Er traf auch mit religiösen Anführern der moslemischen Gemeinde zusammen und drückte der Familie sein Mitgefühl aus. Diana Halak, Iyads Schwester, äußerte währenddessen ihre Frustration: »Ich weiß, dass nichts geschehen wird. Weil das Opfer ein Palästinenser ist«.

Bei einer Demonstration zur Solidarität mit den amerikanischen Protestierenden vor der US-Botschaft in Tel Aviv am Dienstagabend wurde auch an Iyad Halak erinnert.

GESINNUNGEN Yad Vashem, die internationale Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem, sprach sich am Mittwoch in einer offiziellen Erklärung »gegen alle Formen von Fanatismus, Rassismus und Hass« aus. »Traurigerweise haben derartige Gesinnungen schon zu oft ihr Potenzial für die Aufwiegelung zu Gewalt und Zerstörung gezeigt.«

In Angesicht des besorgniserregenden Anstiegs von antisemitischen Äußerungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und den jüngsten bedauernswerten Aktionen gegen Minoritäten müsse man die Bemühungen verdoppeln, um Hass und Intoleranz zu bekämpfen, wo auch immer sie auftreten, schreibt Yad Vashem. Zweifellos sei ein bedeutendes Werkzeug, die Bevölkerung über den Holocaust aufzuklären. »Denn dies zeigt die Bedrohung eines giftigen und ungehemmten Rassismus ganz deutlich.«

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

von Ralf Balke  01.07.2025

Washington D.C.

Trump will Netanjahu am Montag treffen

Der US-Präsident und der israelische Ministerpräsident wollen über den Gazastreifen und den Iran sprechen

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Krieg

»Unser Schmerz macht uns nicht blind für das Leid anderer«: Palästinenser in Gaza zeigen Fotos getöteter israelischer Kinder

Bei Mahnwachen im Gazastreifen fordern Palästinenser mit einer ungewöhnlichen Aktion Frieden für Nahost. Die Gaza-Anwohner fordern auch die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln

 30.06.2025

Nahost

Kreise: Syrien und Israel sprechen über »Sicherheitsvereinbarungen«

Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Kriegszustand. Die neue Führung in Damaskus zeigt sich offen, das zu ändern. Aus Kreisen in Syrien heißt es, es gebe direkte Gespräche

 30.06.2025

Westjordanland

Siedlergewalt gegen Soldaten eskaliert

Jüdische Extremisten greifen Armeebasis an und zünden millionenteure Sicherheitsanlage zur Terrorverhinderung an

von Sabine Brandes  30.06.2025

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien«

Eine Äußerung des Premierministers deutet darauf hin, dass es eine Verschiebung der israelischen Prioritäten im Krieg gegen die Hamas gibt. Die Hintergründe

 30.06.2025