Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Israel neben dem kalifornischen Silicon Valley das erfolgreichste Treibhaus für Erfindungen ist. Täglich sprießen die Ideen der Hightech-Generation aus den Zigtausenden Denkerstuben der Start-ups. Ob Medizin, Umwelt- und Sicherheitstechnologien oder Smartphone-Apps – die israelischen Innovationen bringen Milliarden von Dollar in den jüdischen Staat und sind weltweit heiß begehrt.
David Tsahar, Unternehmensgründer und jahrelanger Kenner der Szene, ist sicher, dass israelische Start-ups auch im neuen Jahr boomen. 2016 wurden von privaten Hightech-Firmen 4,8 Milliarden Dollar an Investitionen aufgebracht, eine Steigerung um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahlen wundern ihn nicht. »Israel ist heute Vorreiter in vielen Bereichen des Hightech – und das, obwohl wir eine schon fast lächerlich winzige Nation sind.«
Das meint man auch bei Oracle, dem amerikanischen Unternehmen für Datenbankmanagement. Zum Wochenbeginn kündigte die Firmenleitung in ihrem israelischen Hauptquartier an, ihr Start-up-Cloud-Accelerator-Programm hierzulande zu starten. Das Zentrum in Tel Aviv wird lokale Innovation in Sachen Cloud-Technologie fördern. Mit »Cloud« wird die Infrastruktur für Computer bezeichnet, etwa Speicherplatz und Software, die über das Internet bereitgestellt werden. Oracles Israel-Chef für Produktentwicklung, Reggie Bradford, ist überzeugt: »Oracle versteht, dass Start-ups das Herz der Erfindungen sind. Durch das Programm wollen wir ihnen umfangreiche Ressourcen und Unterstützung geben, wenn sie es am meisten benötigen.«
Tsahar geht davon aus, dass die israelischen Start-ups vor allem in Cybersicherheit, digitalen Zahlungsverkehr sowie Lösungen für Verkehr und Transport investieren werden. »Ich denke an unbemannte Fahrzeuge und Drohnen, die wir sicher schon bald herumfahren und über unseren Köpfen fliegen sehen.« Auch computergestützte Realitätserweiterung (augmented reality) und grüne Technologien werden ganz oben auf den Listen der Entwickler stehen. »Viele herausragende Dinge und Ideen hierzu kommen aus unserem Land, und es gibt keinen Zweifel, dass es 2017 noch mehr werden.«
Mobileye aus Jerusalem ist weltweit marktführend bei Computer-Sichtsystemen, Kartografie sowie Maschinenlernen im Automobilbereich – also selbstfahrenden Autos. Kürzlich hat sich Mobileye mit Delphi zusammengetan, den Fachleuten für automatisierte Fahrsoftware, Sensoren und Systemintegration. »Wenn Sie mich fragen, ob autonome Autos alltäglich werden, ist meine eindeutige Antwort: Ja. Die Technologie ist fast fertig, die Welt ist bereit, und es gibt ein wirtschaftliches Motiv. Bald werden Autofahrer sich daran gewöhnen, dass man das langweilige Fahren los ist«, glaubt Mobileye-Chef Amnon Shashua.
Payoneer gehört zur Sparte der sogenannten Fintech (Finanztechnologie). Das Unternehmen aus Petach Tikwa schafft Lösungen für den Zahlungsverkehr von Geschäftsleuten. Vor allem für jene, die länderübergreifend operieren. Es werden eine Reihe von Bezahlvarianten für die verschiedenen Märkte angeboten. Der Erfolg hat sich mit drei Millionen Kunden aus 200 Ländern bereits eingestellt. Vor Kurzem wurden 180 Millionen Dollar in das Unternehmen eingebracht.
Cimagine ist der absolute Hit bei Designfans. Mit der App kann man auf jedem Smartphone oder Tablet erkunden, wie neue Produkte im eigenen Haus aussehen werden – ob es die komplette Küche ist oder nur eine Blumenvase. Das Start-up ist längst kein Neuling mehr und hat mittlerweile Büros in den USA, Australien und Großbritannien. Doch jetzt ist die Aufregung im Hauptquartier in Kfar Yehoshua groß. Denn wenn die Gerüchte stimmen, dann dürfte Snap, die Mutterfirma von Snapchat aus Kalifornien, bald mit einem Angebot vorbeischauen.
Riskified hat vor, dem Betrug im Internet den Garaus zu machen. Eine Studie fand kürzlich heraus, dass jeder durch Betrug verlorene Dollar beim Einzelhandel im Web die Geschäfte tatsächlich 2,40 Dollar für Gebühren, Rückerstattung, Warenersatz und anderes kostet. Riskified aus Tel Aviv will das drastisch reduzieren.
Yotpo arbeitet in demselben Bereich, setzt jedoch darauf, dass Kunden im Internet vor allem eines wollen: Vertrauen. Dafür hat die Firma eine Plattform geschaffen, auf der die Bewertungen der Käufer ausgewertet werden.
Airobotics stellt unbemannte Drohnensysteme hauptsächlich für industrielle Zwecke her. Das Unternehmen aus Petach Tikwa bietet Drohnen an, um beispielsweise große Firmenanlagen sicherer und effizienter zu überwachen.
Flytrex Aviation sieht seine Flugobjekte indes beim Einsatz für Lieferungen. So setzt die ukrainische Post die Drohnen der israelischen Firma bereits als persönlichen Muli ein. Das durch eine Computercloud gesteuerte Vehikel kann Pakete bis zu einem Gewicht von drei Kilo bewegen und 23 Kilometer weit fliegen.
Windward setzt auf Ideen für den Transport im Bereich des Cargoshipping. Während 90 Prozent des weltweiten Handelsverkehrs auf den Meeren stattfinden, ist dessen Organisation bis heute völlig unvernetzt und wenig koordiniert. Zwei ehemalige Marineoffiziere aus Tel Aviv krempeln das jetzt um. Mit ihren analytischen Kenntnissen aus der Seefahrt haben sie ein System erfunden, das jeden Tag mehr als 100 Millionen Datenpunkte verarbeitet und verbindet.
Datos ist ein Start-up in Tel Aviv, das sämtliche Gesundheitsdaten individueller Patienten verwaltet. Die Besonderheit ist, dass dies ohne überwachendes Callcenter geschieht, wie es bislang üblich war. Die Ärzte oder Patienten selbst geben die Daten in medizinische Geräte ein, etwa zum Blutdruck oder der Diabetesüberwachung – und Datos wertet aus.