Gaza

Das grausame Spiel mit den Geiseln

Scheich Mowafaq Tarif auf der Kundgebung in Tel Aviv Foto: Moshe Sandbank

Die Vereinbarung lautete, dass Kinder und Mütter bei der Befreiung der Geiseln nicht voneinander getrennt werden dürfen. Doch die Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen hält sich nicht an den Deal. Am Samstagabend kam die 13-jährige Hila Rotem-Shoshani frei. Ihre Mutter Raya blieb in Gaza.  

Die Hamas gab an, sie habe sie nicht ausfindig machen können. Doch das Mädchen sagte einen Tag darauf, dass sie bis vor zwei Tagen mit ihrer Mutter gemeinsam als Geiseln gehalten wurden. In einer Aussage von Hila in israelischen Medien heißt es: »Ima war die ganze Zeit in der Gefangenschaft bei mir. Die Hamas trennte uns zwei Tage vor der Freilassung. Ima war in guter Verfassung, wir waren mit Emily [Hand] zusammen. Die Hamas teilte uns mit, dass es einen Waffenstillstand gebe und sie uns gehen ließen.« Die Manipulationen der Terrorgruppe sind ein grausames Spiel mit dem Leben der Geiseln und den Angehörigen, die in tiefer Sorge auf sie warten.

Delegation aus Katar in Israel

Am Samstag hatte sich die Übergabe der 13 israelischen Geiseln an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) bis in die späten Abendstunden verzögert. Und auch am Sonntag gab es bereits Berichte, dass eine Befreiung am Sonntag nicht sicher sei. Ein hochrangiger Mitarbeiter ließ wissen, er sei nicht zuversichtlich, dass israelische Geiseln am selben Tag freigelassen würden, wie es in der zwischen Katar und den Vereinigten Staaten ausgehandelten Vereinbarung vorgesehen sei. Er sagte, dass in diesem Fall auch keine palästinensischen Gefangenen freigelassen würden.

Später erklärte das IKRK in einer Stellungnahme, es gebe keine Hinweise auf eine Verzögerung und die Vorbereitungen zur Aufnahme der Geiseln würden fortgesetzt. Die Regierung in Jerusalem erklärte, sie habe eine weitere Liste mit Namen der Geiseln erhalten, die am Sonntag nach Hause kommen würden. Am Abend schließlich kam die Nachricht, dass 14 Israelis sowie drei Ausländer am den IKRK-Mitarbeitern übermittelt worden seien.

Am Sonntagabend schickten die Angehörigen der Geiseln zusammen mit dem diplomatischen Team des Hauptquartiers des Forums für Geisel- und Vermisstenfamilien einen dringenden Brief an die katarische Delegation, die gestern im Land eingetroffen ist, und forderten ein sofortiges Treffen. In ihrem Appell betonen sie die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen Katars zur Freilassung der Geiseln.

Zu den Unterzeichnern des Briefes von Emily Moatti, der Leiterin des diplomatischen Teams des Forums, gehörten zwölf ehemalige Botschafter, darunter Mark Sofer, Colette Avital, Rafi Gamzu, Yael Herzel und Nadav Tamir.

»Das Herz bricht angesichts des unvorstellbaren Schmerzes.«

Scheich Mowafaq Tarif

In einer seltenen Aktion war am Samstag ein kleiner katarischer Privatjet am Flughafen Ben Gurion mit einer Delegation von Beamten des Golfstaates gelandet. Katar unterhält keine offiziellen Beziehungen zu Israel, vermittelt jedoch seit Wochen in der Geiselkrise zwischen Israel und der Hamas.

Hebräische Medien berichteten, dass das Team in Israel war, um die aktuelle, von Katar vermittelte Vereinbarung sowie mögliche zukünftige Verlängerungen oder separate Vereinbarungen zu besprechen. Zuvor war Mossad-Chef David Barnea nach Katar geflogen, um den Deal zur Freilassung von etwa 50 israelischen Geiseln für eine viertägige Kampfpause auszuhandeln, der am Freitag in Kraft getreten war. Die Vereinbarung sieht die Freilassung von etwa 150 palästinensischen Gefangenen innerhalb der vier Tage vor.

Am Samstagabend hatten um die 100.000 Menschen auf dem Platz der Geiseln für die Freilassung »von allen« demonstriert. »Wir werden nicht aufhören, bis die letzte Geisel freigelassen ist«, lautete der Tenor. Die Enkelin der befreiten Yaffa Adar (85), Alon Adar, richtete Grüße von ihrer Großmutter »an unsere großartige Nation aus, auf die sie stolz ist«. Sie bittet darum, dass wir jetzt alle nach Hause bringen».

Spiritueller Anführer der Drusen spricht bei Kundgebung

«Es ist schwer, in Worte zu fassen, was passiert. Das Herz bricht angesichts des unvorstellbaren Schmerzes», sagte Scheich Mowafaq Tarif, der spirituelle Anführer der drusischen Gemeinschaft in Israel, der zu der Kundgebung gekommen war. «Wir freuen uns mit den Familien der Geiseln, die zurückgekehrt sind. Aber die Gedanken bleiben bei den anderen, die noch im Gazastreifen festgehalten werden.»

Beim Anblick der Bilder der Kinder als Geiseln würden sich die Augen mit Tränen füllen, so der Scheich weiter. «Wie kann man einem unschuldigen Kind schaden? Wie kann man unschuldigen Frauen schaden? Guten, friedliebenden Menschen? Das sind die Tiefen der Unmenschlichkeit und ein Abgrund von Dunkelheit und Hass. Die Drusen stehen hinter allen Geiseln. Gemeinsam wird es uns gelingen, sie alle nach Hause zu bringen.»

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Ehemalige Geiseln

»Eli war wie ein Vater für mich«

Alon Ohel und Eli Sharabi treffen sich nach der Freilassung zum ersten Mal wieder

von Sabine Brandes  01.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Jerusalem

Sa’ar kritisiert geplante Umbenennung des Dubliner Chaim-Herzog-Parks

Israels Präsident und Außenminister üben scharfe Kritik. Von einem »schändlichen und beschämenden Schritt« ist im Büro Isaac Herzogs die Rede

 01.12.2025

Tel Aviv

Was passiert nach Netanjahus Begnadigungsantrag?

Versuche, die Prozesse durch eine Absprache zu beenden, gab es bereits. Selbst die Richter regten eine Einigung an. Wie steht es um die beantragte Begnadigung?

 01.12.2025

Tel Aviv

Tausende demonstrieren für Ran Gvili und Sudthisak Rinthalak

Der Vater von Ran Gvili sagt, es dürfe keinen »nächsten Schritt« geben, solange die Terroristen die letzten Leichen nicht herausgäben

 01.12.2025

Jerusalem

Bennett befürwortet Begnadigung Netanjahus – unter einer klaren Bedingung

Israel sei »ins Chaos und an den Rand eines Bürgerkriegs geführt worden«, so der Oppositionspolitiker. Um das Land aus dieser Lage herauszuholen, unterstütze er ein »verbindliches Abkommen«

 01.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bittet Israels Präsidenten um Begnadigung

US-Präsident Trump hat eine Begnadigung des wegen Korruption angeklagten Regierungschefs Netanjahu gefordert. Nun schreibt Netanjahu selbst ein Gnadengesuch. Israels Opposition übt scharfe Kritik

 30.11.2025