Vor seinem Abflug nach Washington am Montag machte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf dem Ben-Gurion-Flughafen klar, dass die USA Israels engster Verbündeter bleiben – unabhängig davon, wen das amerikanische Volk zum nächsten Präsidenten wählen wird. Kurz zuvor hatte Präsident Joe Biden erklärt, dass er sich im November nicht mehr zur Wahl stelle, und seine Stellvertreterin im Weißen Haus, Kamala Harris, als Ersatzkandidatin vorgeschlagen.
Der israelische Premier reist in einer politisch sehr brisanten Zeit zum Staatsbesuch. Im eigenen Land heißt es, dass ein Abkommen für einen Waffenstillstand und die Befreiung von Geiseln kurz bevorstehe. Angehörige und Demonstranten forderten ihn auf, keine Reise anzutreten, bevor er einen Deal unterzeichnet hat.
Doch Netanjahu meint: »Ich verlasse diesen Ort für eine sehr wichtige Reise in die Vereinigten Staaten zu einer Zeit, in der Israel an sieben Fronten kämpft und in Washington große politische Unsicherheit herrscht. « Er wolle versuchen, die überparteiliche Unterstützung zu verankern, die für Israel so wichtig sei. »Und ich werde meinen Freunden auf beiden Seiten des Ganges sagen, dass Israel der engste Verbündete in Nahost für sie bleiben wird.«
Treffen zwischen Harris und Netanjahu wird beobachtet
Das geplante Treffen zwischen Harris und Netanjahu wird nach dieser Entwicklung weltweit unter massiver Beobachtung stehen und ihr die Möglichkeit geben, sich in Sachen Israel zu positionieren. Ihre Aussagen werden vor allem für jüdische Wähler in den USA von großer Bedeutung sein. »Es ist eine sehr gute Gelegenheit für sie«, kommentierte Michael Oren, ehemaliger israelischer Botschafter in Washington.
Harris pflegt dank ihres Mannes, Second Gentleman Doug Emhoff, enge Verbindungen zur jüdischen Gemeinde in den USA. Als erster jüdischer Ehepartner eines US-Präsidenten oder Vizepräsidenten hat er eine führende Rolle im Kampf der US-Regierung gegen Antisemitismus übernommen. Sollte Harris die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten werden, ist es möglich, dass sie einen Stellvertreter aus der Reihe der pro-israelischen Gouverneure auswählt, beispielsweise Josh Shapiro aus Pennsylvania.
Harris unterstützte Bidens eindeutige Haltung für Israel und sein Recht auf Selbstverteidigung nach dem 7. Oktober. Allerdings äußerte sie eher Kritik an der Kriegsführung in Gaza als Biden selbst. Kommentatoren gehen dennoch nicht davon aus, dass es eine wesentliche Abkehr der jetzigen Nahostpolitik des Weißen Hauses geben sollte, wenn Harris tatsächlich die Nachfolgerin von Biden werden sollte.
Netanjahu machte auch klar, dass er Biden persönlich für seine langjährige Unterstützung Israels danken wolle.
Netanjahu machte auch klar, dass er Biden persönlich für seine langjährige Unterstützung Israels danken wolle. »Ich habe vor, Präsident Biden zu treffen, den ich seit über vierzig Jahren kenne. Dies wird eine Gelegenheit sein, ihm für die Dinge zu danken, die er im Krieg und während seiner langen und herausragenden Karriere im öffentlichen Dienst als Senator, Vizepräsident und Präsident für Israel getan hat.«
Damit schloss sich der Premier vielen Politikern aller Couleur in Israel an, die nach Bidens Verkündigung Worte der Wertschätzung äußerten. Präsident Isaac Herzog schrieb aus Jerusalem: »Als erster US-Präsident, der Israel in Kriegszeiten besuchte, als Träger der israelischen Presidential Medal of Honor und als wahrer Verbündeter des jüdischen Volkes ist er ein Symbol der unzerbrechlichen Verbindung zwischen unseren beiden Völkern.« Er bedankte sich für Bidens »Freundschaft und unerschütterliche Unterstützung während seiner jahrzehntelangen Karriere«.
Verteidigungsminister Yoav Gallant dankte Biden in fast identischen Worten für seine »unerschütterliche Unterstützung Israels im Laufe der Jahre, insbesondere während des Krieges«. Dies sei von unschätzbarem Wert gewesen. Oppositionsführer Yair Lapid teilte auf X ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie er Biden die Hand schüttelt. Dazu schrieb er schlicht: »Danke«.
Sogar aus dem Rechtsaußenlager der Koalition gab es warme Worte: Michal Woldiger, Abgeordnete des Religiösen Zionismus, dankte Biden für seine Unterstützung Israels. »Ich wünsche ihm gute Gesundheit und die Fortsetzung einer starken Freundschaft mit der Demokratischen Partei und den USA als Ganzem«, schrieb sie.
Israelische Politiker aller Couleur bedankten sich
Yair Golan, der die neue linksliberale Partei Die Demokraten anführt, äußerte ebenfalls Worte der Wertschätzung für seine Hilfe »während unserer schwierigsten Tage«. Es habe niemals einen »zionistischen Präsidenten« wie Biden gegeben. Damit bezog sich Golan darauf, dass Biden nach dem 7. Oktober von sich gesagt hatte: »Ich bin Zionist.«
Biden hat während seiner gesamten politischen Karriere enge Beziehungen zu Israel unterhalten. Als junger Senator besuchte er das Land 1973 und kam mit der damaligen Premierministerin Golda Meir zusammen. Er hat seine Begegnung mit ihr mehrfach erwähnt und sie als »eines der folgenreichsten Treffen meines Lebens« bezeichnet.
Nachdem von der Hamas angeführte Terroristen am 7. Oktober ein unvergleichliches Massaker in südlichen Gemeinden angerichtet hatten, äußerte sich Biden unmissverständlich zu den Gräueltaten, stellte sofort Waffenlieferungen zur Verfügung, damit Israel den Krieg gegen die Hamas effektiv führen könne, und schickte zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen ins östliche Mittelmeer, um den Iran abzuschrecken.
Er warnte auch die umliegenden Länder vor Attacken gegen Israel mit einem einzigen Wort: »Don’t«, was mit »Wagen Sie es ja nicht« übersetzt werden kann. Joe Biden war der erste US-Präsident in der Geschichte Israels, der das Land während eines Krieges besuchte. Eine Tatsache, die die Herzen der Israelis erwärmte.