Anschlag

Bluttat am Schabbat

Anteilnahme: Rund 20.000 Menschen nahmen am Sonntag in Jerusalem Abschied von Udi, Ruth, Yoav, Eldad und Hadas Fogel sel. A. Foto: Flash 90

Noch immer suchen die israelische Armee und der Inlandsgeheimdienst fieberhaft nach den Mördern von fünf Mitgliedern der Familie Fogel. Angeblich sollen alle männlichen Bewohner des angrenzenden palästinensischen Dorfes Awarta von der Polizei verhört werden. In der Nacht von Freitag auf Samstag waren das Ehepaar Udi und Ruth sowie ihre drei Kinder Yoav (11), Elad (4) und das erst drei Monate alte Baby Hadas in ihrem Haus in der Siedlung Itamar von Terroristen erstochen worden. Der brutale Mord rief Entsetzen in ganz Israel hervor. Am Montag machten sich daraufhin mehrere Siedler auf den Weg nach Awarta, warfen Steine auf Menschen und Häuser.

Obwohl am Freitagabend die Sirene am Sicherheitszaun der jüdischen Siedlung im Westjordanland losgegangen war, stellte ein Wachmann zunächst nichts Ungewöhnliches fest. Er glaubte an einen Fehlalarm. Da jedoch waren die Mörder – die israelische Armee geht von zwei palästinensischen Tätern aus – bereits in die Siedlung eingedrungen. Sie erstachen die Familienmitglieder in ihren Betten, machten auch vor den kleinen Kindern nicht Halt. Erst als die zwölfjährige Tochter um Mitternacht von einer Veranstaltung zurück-kam und Nachbarn alarmierte, weil ihr niemand öffnete, kam die Tragödie ans Licht. Zwei weitere Söhne der Familie überlebten unverletzt in einem Zimmer, in das die Terroristen nicht eingedrungen waren.

Abschied Am Sonntag nahmen in Jerusalem mehr als 20.000 Menschen Abschied von den fünf Getöteten. Der ehemalige aschkenasische Oberrabbiner Yisrael Meir Lau sagte, dass es Situationen und Zeiten gebe, wo man keine Worte mehr habe. »Du sitzt einfach da, spürst den Schmerz, die Wut und die Hilflosigkeit. Was kann man sagen, wenn ein dreimonatiges Baby erstochen wird?«

Siedler, die nach Rache und Selbstjustiz riefen, wurden von den Trauernden zur Stille ermahnt. Motti Fogel, der Bruder des ermordeten Familienvaters, betonte, er wolle keine politische Veranstaltung, eine Beerdigung sei eine private Angelegenheit.
Politik Vertreter aller Parteien zeigten sich angesichts der grauenvollen Morde zutiefst bestürzt. Premierminister Benjamin Netanjahu reagierte während eines Besuches bei den Eltern von Ruth Fogel auf die palästinensische Bluttat: »Sie morden – wir bauen.« Innenminister Eli Yishai von der orthodoxen Schass-Partei erklärte während der Kabinettssitzung zum Wochenbeginn: »Für jedes Opfer von Attentaten sollte es mindestens tausend neue Häuser geben.«

Am selben Tag noch erteilte die Regierung Genehmigungen für 400 zusätzliche Wohneinheiten in den vier Siedlungen Ariel, Maaleh Adumim und Modiin/Kiriat Sefer. Die Häuser in Ariel sollen den evakuierten jüdischen Familien aus dem Gazastreifen zugeteilt werden. Jerusalem informierte die USA vorab über den Plan. Washington sprach sich jedoch gemeinsam mit der palästinensischen Autonomiebehörde gegen die Entscheidung aus. Aus Regierungskreisen war zu vernehmen, dass lediglich in jenen Siedlungen gebaut werden soll, die im Fall eines Friedensabkommens unter israelischer Verwaltung verbleiben würden.

Reaktion Derweil bestritten die Al-Aqsa-Brigaden, der militärische Arm der Fatah-Bewegung, eine Beteiligung an den Morden, obwohl sie am Samstag zunächst die Verantwortung übernommen hatten. Das Töten von Kindern gehöre nicht zu ihrer Ideologie, hieß es.

Das Attentat geschah in Zeiten völlig festgefahrener Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern. Jerusalem beschuldigt die Autonomiebehörde, ihr Volk in Moscheen und Schulbüchern gegen Israel aufzuwiegeln und Hass zu schüren. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wies die Vorwürfe der Aufwiegelung zurück und verurteilte seinerseits den Anschlag. Es sei »eine abscheuliche, amoralische und unmenschliche Tat« gewesen. Nicht alle in der palästinensischen Regierung fanden derart klare Worte. Außenminister Rijad Al-Malki sagte, dass kein Palästinenser jemals ein Baby und Zivilisten in derartiger Weise ermordet habe, was Zweifel an Israels hastiger Beschuldigung der Palästinenser wecke.
Viele Kommentatoren befürchten, dass der Anschlag das endgültige Aus der Friedensgespräche bedeutet. Israels Präsident Schimon Peres sprach unterdessen den Waisen, trauernden Familien und der ganzen Gemeinde sein Mitgefühl aus. »In diesem schrecklichen Moment sind sie in unseren Herzen. Und ich bin sicher, dass die Sicherheitskräfte keinen Stein auf dem anderen lassen, um die Täter dieses Horrors vor Gericht zu bringen.«

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