Es war die Regierung selbst, die jetzt einen Rückzieher machte. Am vergangenen Dienstag teilte sie dem Obersten Gericht mit, dass sie die Abschiebungen der afrikanischen Flüchtlinge auf unbestimmte Zeit aussetze. Es bestehe momentan keine Möglichkeit, Zehntausende von Menschen unfreiwillig auszuweisen, weil es kein Abkommen mit einem Drittland gebe. »Derzeit werden keine Abschiebeentscheidungen mehr gefällt.«
Deal Damit hatte die Regierung indirekt zugegeben, dass sie lange die Unwahrheit verkündet hatte, nämlich dass ein Deal mit Uganda und Ruanda existiere. Die beiden Länder hatten dem jedoch stets widersprochen. Da auch die bestehenden Abschiebebescheide aufgehoben sind, atmet man in der afrikanischen Gemeinde auf. Deren Vertreter sprechen von einem »kleinen Wunder«.
Die Regierung teilte ebenfalls mit, dass die temporären Visa und Aufenthaltsgenehmigungen erneuert werden. Freude herrscht auch bei den Aktivisten, die vor das Oberste Gericht gezogen waren, um die Abschiebungen aufzuhalten. Die Richter hatten verlangt, dass die Regierung einen »sicheren Plan« präsentiert, der das Wohlbefinden der Abgeschobenen in einem Drittland garantiert, oder sie andernfalls aus der Haft entlässt. Doch selbst ein eigens gesandter Vertreter Jerusalems in Uganda konnte keine Einigung mit der dortigen Regierung erreichen. Alle Internierten wurden daraufhin freigelassen.
Spannungen Die Kritik aus dem In- und Ausland, besonders auch jüdischer Verbände in den USA, war in den vergangenen Wochen immer lauter geworden. Viele warfen Jerusalem »unethisches Verhalten« vor. Besonders großes Unverständnis herrschte, nachdem Regierungschef Benjamin Netanjahu zuerst einen Plan für eine Lösung mit den Vereinten Nationen unterzeichnete und wenige Stunden darauf wieder aufkündigte. Demzufolge hätte die Hälfte der etwa 35.000 Afrikaner in westlichen Ländern angesiedelt werden sollen, die andere Hälfte wäre in Israel verblieben.
Die meisten der Afrikaner leben im ärmlichen Süden von Tel Aviv, der mittlerweile im Volksmund als »Klein-Afrika« bezeichnet wird. Zwischen ihnen und den angestammten Bewohnern treten immer wieder Spannungen auf.