Ausschreitungen

150 Verletzte bei gewalttätigem Protest

Die Straßenschlachten dauerten den ganzen Tag an. Foto: Flash 90

Premierminister Benjamin Netanjahu droht den eritreischen Asylbewerbern, die an den schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen am Samstag in Tel Aviv beteiligt waren, mit Ausweisung.

Mehr als 150 Verletzte, davon mindestens 15 schwer, ist die erschreckende Bilanz des stundenlangen Chaos. Unter den Verwundeten befänden sich auch mehr als 50 Sicherheitsbeamte, gibt die Polizei an.

REGIME Die Polizei hatte versucht, die Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Unterstützern des eritreischen Regimes von vornherein zu verhindern. Als dies gescheitert war, mussten die Beamten stundenlang bei blutigen Straßenschlachten eingreifen.

»Ich kann mich nicht an einen derart schweren medizinischen Vorfall erinnern«, resümierte der Chef des Krankenhauses, Professor Ronni Gamzu nach dem Tag der Ausschreitungen. »Das stellt eine große Herausforderung für unsere Mitarbeiter dar.«

KRANKENHAUS Das Krankenhaus war zunächst von dem plötzlichen Zustrom an Verwundeten überrannt worden. Gamzu sagte, alles habe höchst ungewöhnlich begonnen, als die Verletzten allein ankamen und nicht mit Rettungsdiensten. Ohne die anfänglich übliche Kommunikation mit den Ersthfelfern dauerte es einige Zeit, bis das medizinische Personal verstand, was vor sich ging. Es wurde ein »Massenverletztenvorfall« ausgerufen, sechs Operationssäle mussten geräumt und zusätzliches Personal einberufen werden.

Als das Krankenhaus um 16.15 Uhr das Ende des Notfalleinsatzes bekannt gab, waren 43 Patienten aufgenommen worden, 14 davon befanden sich in einem ernsten Zustand. Einige der Verletzungen waren auf Schüsse und Messerstiche zurückzuführen. Zwischenzeitlich wurde in der Bevölkerung zu Blutspenden aufgerufen. Andere Verwundete wurden in die Krankenhäuser Sheba, Wolfson, Assaf Harofeh und das Beilinson Medizinzentrum gebracht.

»Wir werden Maßnahmen gegen illegale Eindringlinge zu prüfen, die an den Unruhen beteiligt waren, einschließlich Abschiebung.«

premierminister benjamin netanjahu

Netanjahu beschloss für den nächsten Tag, ein ausgewähltes Ministerteam einzuberufen, um Maßnahmen »gegen illegale Eindringlinge zu prüfen, die an den Unruhen beteiligt waren, einschließlich Maßnahmen zur Abschiebung«, hieß es am Sonntag aus seinem Büro.

BOTSCHAFT Begonnen hatten die späteren Vorfälle am Samstag mit zwei genehmigten Veranstaltungen der eritreischen Gemeinde in Israel. Die Botschaft des ostafrikanischen Landes lud zu einer Veranstaltung anlässlich des 30. Jahrestages der Regierungsübernahme ein. Eine Gegendemonstration war ebenfalls erlaubt worden.

Blau gekleidete Gegner des Regimes kamen, um gegen Rot gekleidete Regime-Befürworter zu demonstrieren. Die Eritreer auf beiden Seiten kämpften mit Knüppeln, Metallstangen, Steinen und anderen Gegenständen. Sie stürmten durch ein Viertel im Süden von Tel Aviv, in dem viele Asylsuchende leben. Demonstranten schlugen Schaufenster und die Scheiben von Polizeiwagen ein.

STEINE Beamte zu Pferd versuchten, die Demonstranten unter Kontrolle zu bringen, doch die Randalierer durchbrachen die Absperrungen und schleuderten Steine auf die Polizei. Schließlich kamen immer mehr Polizisten in Kampfausrüstung, die Tränengas, Blendgranaten und auch Schüsse einsetzten.

»Die Gewalt stellte einen Verstoß gegen alle von uns zugelassenen Normen dar, so der Polizeichef für den Bezirk, Chaim Bublil. »Und es entstand eine Situation, in der wir erhebliche Mittel einsetzen mussten, darunter scharfes Feuer.«

Eritrea gilt als einer der repressivsten Staaten der Welt. Das diktatorische Regime hat die Rede-, Presse-, Versammlungs- und Religionsfreiheit extrem eingeschränkt. Längere Konfliktperioden, vor allem mit dem Nachbarn Äthiopien, und schwere Dürreperioden haben katastrophale Folgen für die Landwirtschaft Eritreas. Es ist eins der ärmsten Länder Afrikas.

Geiseln

Alon spielt wieder Klavier

Der israelisch-deutsche Doppelstaatsbürger Alon Ohel, der vom Nova-Festival gekidnappt wurde, ist ein talentierter Musiker

von Sabine Brandes  21.10.2025

Interview

»Die Hamas hat nicht die Absicht, die Waffen niederzulegen«

Der israelische Militärexperte Kobi Michael über die fragile Waffenruhe in Gaza, die Ziele des islamistischen Terrors und die israelischen Perspektiven

von Detlef David Kauschke  21.10.2025

Nahost

Israel-Besuch: J.D. Vance will Waffenruhe retten

Der amerikanische Vizepräsident soll sicherstellen, dass die Israelis die Vereinbarung nicht aufkündigen. Steve Witkoff und Jared Kushner gehören zu Vances Delegation

 21.10.2025

Geiseln

»Ein ewiger Junge mit 41 Jahren«

Die Leiche von Tal Haimi wurde aus Gaza überführt und in der Nacht identifiziert. Er lernte sein viertes Kind nie kennen

von Sabine Brandes  21.10.2025

Luxemburg

Kallas: EU-Sanktionen gegen Israel bleiben auf dem Tisch

Die EU-Außenbeauftragte will die Vorschläge für Strafmaßnahmen vorerst nicht zurückziehen - der CDU-Politiker Armin Laschet nennt Kaja Kallas deswegen »unbedarft«

von Michael Thaidigsmann  20.10.2025

Gazastreifen

Hamas übergibt weiteren Leichnam

Sollte sich die Identität des Leichnams bestätigen, verblieben noch 15 Geiseln in der Gewalt der Terroristen

 20.10.2025

Wieder zu Hause

Leibspeisen und Lieblingssänger für die Ex-Geiseln

In den Krankenhäusern spielten sich in den vergangenen Tagen emotionale Szenen ab. Die befreiten Geiseln kehren langsam wieder ins Leben zurück

von Sabine Brandes  20.10.2025

Gazastreifen

Hamas will weiteren Geisel-Leichnam übergeben

Die israelische Armee bereitet sich darauf vor, die sterblichen Überreste am Montagabend zu empfangen

 20.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025