München

Trauer und Gebet

»Wir trauern als Gemeinschaft, als jüdisches Volk«: Eyal Yifrach, Naftali Frenkel und Gilad Shaar (v.l.) Foto: Miryam Gümbel

Gemeinsam stehen wir, gemeinsam trauern wir, gemeinsam weinen wir um Naftali, Gilad und Eyal. Es sind Tränen der Stärke und der Liebe.» Mit diesen Worten erinnerte Präsidentin Charlotte Knobloch am Donnerstag vergangener Woche in der Ohel-Jakob-Synagoge an die ermordeten israelischen Jugendlichen Eyal Yifrach sel. A., Gilad Shaar sel. A. und Naftali Frenkel sel. A. Die Gewissheit, dass diese jungen Menschen nie wieder in die Arme ihrer Familie und Freunde zurückkehren werden, mache fassungslos und unendlich traurig, sagte Knobloch.

Bei diesen Worten war es ihrer Stimme anzumerken, wie sehr sie – selbst Mutter und Großmutter – von den brutalen Morden erschüttert wurde. «Wir trauern als Omas und Opas, als Mütter und Väter, als Brüder und Schwestern, aus deren Herzen ein Stück ihrer selbst gerissen wurde», unterstrich Knobloch. «Wir trauern als Gemeinschaft, als jüdisches Volk, in dessen Mitte seit Montag drei wertvolle Teile fehlen – eine klaffende Wunde, unheilbar.»

Mitleid Die jungen Menschen seien tot, weil «unsere erbarmungslosen Feinde nicht das Leben ehren – sondern den Tod». Aber diese Terroristen, die Leid und Elend über Israel und sein Volk bringen, würden, so die Präsidentin nunmehr mit fester Stimme, damit nicht durchkommen. Israel stehe als einzige Demokratie im Nahen Osten fest verankert auf dem Boden des Rechtsstaats. Doch dieser Fakt werde oft bewusst vernachlässigt. Viele Berichte relativierten, seien voreingenommen, völlig frei von Mitleid, herzlos, kühl. Niemals würde man so über Opfer anderer Nationen schreiben.

Sie verstehe die Welt nicht mehr, bekannte Knobloch. «Oder anders: Ich verstehe sehr wohl, aber will es nicht glauben. Der politische und gesellschaftliche Mainstream, befördert durch intellektuelle Besserwisser und Belehrer, hat sich längst schon gegen uns, gegen Israel gewendet.» Dieses Denken sei nicht nur eine herzlose Ignoranz, sondern eben jenes Denken, dass sich über die Jahrhunderte tief in die Köpfe und Herzen der Menschen eingefressen hat und für das es nur einen Namen gebe: Antisemitismus.

Den gutmenschlichen Ratgebern aus der Ferne empfahl die Präsidentin die Lektüre der Hamas-Charta. Diese sehe die Auslöschung Israels vor. Die Ungerechtigkeit, mit der Israel international beurteilt und bewertet werde, schreie zum Himmel: «Was sollen wir noch alles ertragen? Was muss noch passieren, damit die Welt sich wieder auf die Seite der Demokratie, der Freiheit und der Menschenrechte stellt – auf die Seite Israels?», fragte Knobloch.

Israelkritiker «Wie würden die Gutmenschen reagieren, wenn es ihre Kinder wären? Welche Konsequenzen würden sie ziehen, wenn ihre Länder täglich mit Raketen überzogen würden?», so Knobloch weiter. Die Israelkritiker redeten leicht daher, weil sie die existenziellen Fragen nicht beantworten müssten. Weil sie bequem säßen, in friedlichen Ländern, die von demokratischen und ihnen wohl gesinnten Nachbarn umgeben seien, so die Präsidentin.

Israel dagegen, fuhr Knobloch fort, müsse auf diese Fragen täglich antworten und eine Lösung finden, die moralisch und demokratisch tragbar sei. Sie wünsche sich, dass Israel endlich wieder Partner an seiner Seite bekommt, die antworten helfen und nicht anklagen. Kurz: «Freunde, die mit uns trauern, die zu uns halten und für die ein ermordetes Kind ein schreckliches menschliches Drama darstellt.»

In der Synagoge waren Fotos von den drei ermordeten Jugendlichen auf einem Tisch unweit des Toraschreins aufgestellt. Sie zeigten sie voller Lebensfreude. Nun brannte vor jedem Bild ein Kerzenlicht. Daneben stand die Flagge des jüdischen Staates.

bewegend Zwischen den täglichen Gebetsteilen Mincha und Maariv hatte Kantor Moshe Fishel die Gedenkstunde mit dem Jiskor-Gebet eindrucksvoll eingeleitet. Zwischen den Gedenkreden trugen Jugendliche des IKG-Jugendzentrums «Neshama», der Zionistischen Jugend sowie von der Initiative Torah MiTzion bewegende Texte vor.

Dan Shaham sagte in seiner Ansprache, dass drei Jugendliche ermordet wurden, weil die Terrororganisation Hamas keinen Frieden wolle. Trauernde – sowohl Juden als auch Nichtjuden – seien in der Synagoge zusammengekommen, um der Opfer dieser Tragödie zu gedenken. Israel wolle in Frieden leben. Gott möge das Land, den Staat Israel und die Menschen vor den Feinden des Friedens beschützen.

Diesen Wunsch hatte zuvor auch Charlotte Knobloch in ihrer Rede unterstrichen: «Israel will Frieden. Israel will nicht, dass Menschen getötet werden.» Sie betonte: «Wer um Juden trauert, die vor 70 Jahren ermordet wurden, darf sich nicht anmaßen, von deren Nachfahren zu verlangen, sich wehrlos ihren Feinden hinzugeben. Feinden, die nichts anderes als Vernichtung im Sinn haben. Nie wieder werden wir aufgeben! Nie wieder werden wir Opfer sein!»

Erinnerung Zum Ende ihrer Rede erinnerte die Präsidentin noch einmal an die ermordeten Jugendlichen: «Wir – ein ganzes Volk – tragen die Erinnerung an sie, an ihr Lachen und ihre Liebe zu ihrem Land und der Tora im Herzen weiter, damit sie unvergessen sind. Mögen ihre Seelen eingebunden sein in das ewige Bündel des Lebens. Am Israel chai!»

Abschließend sprach Rabbiner Steven Langnas über das Unvermögen der Menschen, Gottes Handeln immer zu verstehen, und veranschaulichte dies mit einer kleinen Geschichte. Beendet wurde die Gedenkstunde von Kantor Moshe Fishel mit dem El Male Rachamim.

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