Gedenken

Niemand ist vergessen

Am Gedenkstein: Bruno Meiser, Elke und Bruno Reichart, Charlotte Knobloch und Tibor Shalev Schlosser (v.l.) Foto: Miryam Gümbel

Unter dem Motto »Jeder Mensch hat einen Namen« erinnern die Israelitische Kultusgemeinde und die Landeshauptstadt gemeinsam mit zahlreichen Unterstützern jährlich am 9. November an die Münchner Opfer der Schoa. Mit dem Aufruf ihres Namens und – soweit rekonstruierbar – biografischen Daten wird den Ermordeten so ihre Individualität zurückgegeben.

deportation In diesem Jahr wurden die Namen jener Menschen vorgelesen, die aus dem Israelitischen Krankenheim in der Hermann-Schmid-Straße vor 70 Jahren deportiert worden waren. »Die Nazis machten vor niemandem halt – nicht vor Kindern und auch nicht vor Kranken«, sagte Präsidentin Charlotte Knobloch bereits am Vorabend bei der Gedenkstunde im Münchner Alten Rathaussaal.

»So wurde im Juni 1942 das Krankenheim über Nacht gestürmt. Sämtliche Patientinnen und Patienten sowie das gesamte medizinische und Pflegepersonal – insgesamt weit mehr als 80 jüdische Personen – wurden nach Theresienstadt deportiert«, sagte Knobloch. »Mit der Namenslesung am Gedenkstein der ehemaligen Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße erinnern wir an diese Menschen.«

Ihr Dank für das Engagement der Namenslesung galt besonders der Arbeitsgruppe »Gedenken an den 9. November 1938« für ihren enormen ehrenamtlichen Einsatz. »Ihnen ist es zu verdanken, dass wir hier in München seit vielen Jahren mit der Gedenkstunde im Alten Rathaus und der Namenslesung einen Weg des würdigen Erinnerns an die Geschehnisse dieser Nacht und der darauf folgenden Gräueltaten gefunden haben. Ich appelliere an die Münchnerinnen und Münchner, gemeinsam mit uns diese Erinnerungskultur zu erhalten und zu pflegen.«

Erinnerung In diesem Jahr gedachten Münchner Ärzte und Medizinstudenten der Opfer aus dem Krankenheim mit der Lesung ihrer Namen. »Es war für mich eine Selbstverständlichkeit, an der Namenslesung teilzunehmen und damit der Menschen zu gedenken, denen in unserer Heimatstadt so viel Schlimmes widerfahren ist«, sagte Bruno Reichart, Leiter der Herzchirurgischen Klinik des Universitätsklinikums München-Großhadern.

Neben den biografischen Informationen zu den Opfern wurde das Schicksal der Patienten, Ärzte und Pflegekräfte des Krankenheims mit zwei Texten verdeutlicht, die beide in dem 1982 von Hans Lamm herausgegebenen Buch Vergangene Tage. Jüdische Kultur in München festgehalten sind.

Darin beschrieb Julius Spanier, damals Chefarzt am Israelitischen Krankenheim, die Angst und die für viele ausweglose Situation der Münchner Juden: »Die Seuche des Freitodes unter der jüdischen Bevölkerung wütete wie kaum jemals in der Geschichte. Es war keine Seltenheit, dass im Tage acht bis zehn Selbstmordfälle dem Israelitischen Krankenheim zur Aufnahme überwiesen wurden, ganz zu schweigen von der Anzahl derer, bei denen eine Aufnahme wegen Aussichtslosigkeit sich von selbst erübrigte.«

Würdigung Spanier betreute auch in Theresienstadt die Kranken. Die Dichterin Gerty Spies schrieb darüber: »Spanier ließ es sich nicht anmerken, wenn ihm das Herz schwer war. Er gab sich immer heiter, erzählte lustige Anekdoten – sein Humor lenkte auch die Schwerkranken zeitweise von ihren Leiden ab. Überall hieß er ›der Sonnenschein‹. Er half, bis er selbst nicht mehr konnte, an Fleckfieber erkrankte.« Er überlebte. Gerty Spieß erinnert sich: »Mit einem der letzten Transporte, im Krankenwagen liegend, kehrte er in seine Vaterstadt zurück. Von den Tausenden deportierter Münchner Juden waren von uns 130 am Leben geblieben.«

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