Mit 100 Litern Erde, Blumenzwiebeln, Gartenhandschuhen und grünen Mitzvah-Day-Shirts sind die Beter der Synagoge Fraenkelufer am Sonntagmorgen gut ausgerüstet ins Seniorenzentrum der Jüdischen Gemeinde gekommen, um zu helfen. Oder genauer: Sie hatten sich vorgenommen, das Silber in der Synagoge zu polieren, den Vorgarten für den Winter fitzumachen, Laub zu harken, Narzissen und Krokusse zu pflanzen und ein paar Sträucher zu versetzen.
»Als wir ankamen, hatten die Bewohner schon alles vorbereitet und empfingen uns herzlich«, sagt Nina Peretz vom Freundeskreis der Synagoge Fraenkelufer. Bewohnerin Margot Wolkartz hatte sogar extra Kuchen gebacken.
FLÜCHTLINGE In den vorangegangenen Jahren hatten sich die Beter oft in Flüchtlingsheimen engagiert, diesmal wollten sie der jüdischen Gemeinde ihre Hilfe anbieten. So verbrachten etwa 20 Helfer, von denen einige sehr zur Freude aller ihre Kinder mitgebracht hatten, den Tag zusammen mit den Heimbewohnern.
Dass jemand zuhört und Zeit mitbringt, ist das Wichtigste.
»Nun werden wir uns im Frühjahr freuen, wenn es im Vorgarten blüht«, sagt Manfred Friedländer, der am Montag seinen 85 Geburtstag feiert. Früher hätte er mehr Kraft gehabt, doch nun würde er die Gartenarbeit nicht mehr schaffen. Und so stand er im Vorgarten und leitete bei grauem Himmel und Nieselregen die Freiwilligen an.
Ein zweites Mitzvah-Day-Team polierte die Schabbat-Leuchter, Kidduschbecher und Schüsseln der Betstube des Seniorenheims »Dor leDor«. »Wenn ihr am Schabbat kommt, werdet ihr geblendet, so sehr strahlt das Silber jetzt«, verkündete Sigrid Wolff, Leiterin des Seniorenzentrums, anschließend den Bewohnern.
AUFMERKSAMKEIT Neben der Arbeit würden die Senioren vor allem die Aufmerksamkeit des Fraenkelufer-Teams genießen, ist Wolff überzeugt. Denn das Mitzvah-Day-Team erledigte nicht nur die anstehenden Garten- und Putzarbeiten, sondern leistete den Heimbewohnern auch beim Essen und Feiern Gesellschaft.
Der Tag klang mit jüdischen Evergreens wie »Zadik Katamar« und »Am Israel Chai« aus, die alle zusammen sangen. Viele Ältere erzählten den Jüngeren aus ihrem Leben, etwa davon, wie sie die Schoa in Lateinamerika oder versteckt in Berlin überlebt haben. »Dass jemand zuhört und Zeit mitbringt«, sei schließlich das Wichtigste, bemerkte Sigrid Wolff – und auch eine Mitzvah.