Synagogalmusik

»Jüdisches Leben ist sichtbar – und hörbar«

Chor in der Synagoge Rykestraße Foto: Louis Lewandowski Festival 2019

Premiere und Höhepunkt zugleich: Am Sonntagabend der vorvergangenen Woche wurde in der Rykestraße in Prenzlauer Berg das erste Chanukkalicht gezündet. Doch dieses Mal war der Gottesdienst in Deutschlands größter Synagoge anlässlich des Feiertags ein etwas anderer als sonst.

Denn zum einen gab es eine eindrucksvolle Chorbegleitung zur Liturgie, zum anderen erklang auch die Orgel in der Empore, die normalerweise eher selten zu hören ist. Der Grund: In der Rykestraße fand zugleich das große Abschlusskonzert des 9. Louis-Lewandowski-Festivals statt, das dieses Jahr genau auf den Beginn von Chanukka fiel. Sängerinnen und Sänger von Chören und Ensembles aus Deutschland, den USA, Israel und Serbien waren deshalb von Anfang an mit von der Partie.

»Es war das allererste Mal, dass ich in dieser Konstellation einen Gottesdienst leiten durfte«, freut sich Gemeinderabbiner Boris Ronis. »Das hat mir sehr gut gefallen und war nicht nur musikalisch in jeder Hinsicht ein Genuss für Ohren und Seele. Gerne würde ich so etwas öfters in Synagogen hören dürfen.«

CHÖRE Der Beginn von Chanukka und ein derartiges Musikevent passen seiner Meinung nach hervorragend zusammen. »An diesen Tagen in der dunklen Jahreszeit, in denen wir das Lichterfest begehen, wollen wir möglichst viel Schönes erleben und freuen uns deshalb auch innerlich.« Und dazu passen nicht nur nach Meinung des Rabbiners die zahlreichen Schätze der Synagogalmusik, die die Organisatoren des Festivals zu bieten hatten.

Denn offensichtlich hat das Chorfestival eine große Fangemeinde, die immer wieder zu den Vorstellungen erscheint. So wie Rocco Brinkmann, regelmäßiger Beter der Rykestraße, der jedes Mal aufs Neue begeistert ist. »Von den Konzerten geht eine sehr positive Atmosphäre aus. Das erlebt man nicht jeden Tag. Gerade in Zeiten des wachsenden Antisemitismus ist das für mich persönlich wichtig, weil es einem Kraft und Zuversicht gibt. Zudem geht es dabei auch um die Sichtbarkeit – und Hörbarkeit – jüdischen Lebens hierzulande.«

Stefan Hensel war sogar eigens für das Abschlusskonzert aus Hamburg nach Berlin angereist. »Die Synagoge Rykestraße ist eines der schönsten jüdischen Gotteshäuser in Deutschland überhaupt«, bringt er es auf den Punkt. »Wenn man dann auch noch den Beginn von Chanukka mit dieser einzigartigen Synagogalmusik begehen kann, dann wird daraus ein unvergessliches Erlebnis.«

Louis Lewandowski hatte im 19. Jahrhundert die jüdische Sakralmusik mit zeitgenössischen Strömungen in Einklang gebracht.

Louis Lewandowski, der als Komponist im 19. Jahrhundert die jüdische Sakralmusik mit zeitgenössischen Strömungen in Einklang gebracht hatte und deshalb als ihr großer Erneuerer gilt, wäre wohl stolz auf diesen Abend gewesen. Zwar wurden auch die Werke anderer Komponisten gespielt – beispielsweise präsentierte der Moran Choir aus Israel Arbeiten von Emanuel Kirschner, dem früheren Musikmeister der Münchner Hauptsynagoge, der gleichfalls in der Tradition Lewandowskis stand.

PROMINENZ In der bayerischen Metropole hatte auch Maier Kohn gewirkt, der 1839 bereits die erste moderne Sammlung von synagogaler Chormusik, die sogenannten Münchener Synagogengesänge, veröffentlichte. Daraus gab der Zamir Chorale of Boston das Stück »Seu simrah« zum Besten. Doch mehrfach sangen alle Chöre gleich mehrere Kompositionen von Louis Lewandowski gemeinsam, was angesichts der hervorragenden Akustik des Gebäudes beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterließ.

Prominenz war an diesem Abend ebenfalls reichlich in der Rykestraße vertreten. »Berlin ist nicht eben arm an hochkarätigen Musikfestivals«, so der Regierende Bürgermeister Michael Müller. »Unter ihnen nimmt das Louis-Lewandowski-Festival eine Sonderstellung ein«, betonte er. Nicht nur die Tatsache, dass die Synagoge bis auf den letzten Platz voll belegt war, zeige dies, sondern ebenfalls die Anwesenheit von Gästen jeglichen Alters. Ganz offensichtlich ist dieses hochkarätige Musikevent ein Ausdruck der Verbundenheit Berlins mit dem Judentum.

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