Am Mittwochnachmittag ist auf dem Würzburger Bahnhofsvorplatz der »DenkOrt Deportationen 1941–1944« eingeweiht worden.
Eine lange Reihe von unterschiedlichen Gepäckstücken – Koffer, Rucksäcke und Gepäckrollen – und vier Informationsstelen erinnern dort an die 2069 aus Unterfranken deportierten Juden.
Knotenpunkt Laut dem Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt sei der »DenkOrt« der zentrale Knotenpunkt eines Netzes, das ganz Unterfranken überspanne. Ludwig Spaenle, der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, betonte, dass sich die Deportationen in aller Öffentlichkeit vollzogen haben. Auch die Bahn sei nicht unbeteiligt gewesen – den Transport habe sie den für die Deportation zuständigen Behörden in Rechnung gestellt.
Zentralratspräsident Josef Schuster war voll des Lobes über das gelungene Projekt. Er bedankte sich bei Architekt Matthias Braun und der Stadt Würzburg für die gute Zusammenarbeit.
Der »DenkOrt Deportationen« sei in zweifacher Hinsicht einzigartig: einerseits, weil vor der Schoa die Dichte jüdischer Gemeinden in Mainfranken deutschlandweit mit am höchsten war. »Der Erinnerungsort erinnert mit der Verteilung auf so viele Kommunen sinnbildlich an die Auslöschung dieses einzigartigen fränkischen Landjudentums.«
Der DenkOrt zeigt, dass der Holocaust ein dezentrales Ereignis war.
Andererseits sei das Denkmal in Deutschland wegen seiner Form und der zahlreichen, auch jugendlichen Projektbeteiligten singulär. Es symbolisiere sehr gut, dass der Holocaust ein dezentrales Ereignis gewesen sei.
Demokratie »Die Weitergabe der Erinnerung, des Wissens über den Holocaust schulden wir daher regelrecht unserer Demokratie«, sagte der Zentralratspräsident. Die Juden sähen dies gar als persönliche Verpflichtung: »Wir schulden es unseren ermordeten Großeltern, unseren Verwandten, die nicht zurückgekommen sind, von denen nur ein Gepäckstück am Wegesrand zurückblieb.«
Auf die drei »Säulen« des »DenkOrt«-Projekts verwies die Historikerin Rotraud Ries, Leiterin des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken: das Denkmal, die historische Online-Erinnerung und die Erinnerungspädagogik in Verbindung mit rassismuskritischer Arbeit.
Benita Stolz, die Vorsitzende des Vereins »DenkOrt Deportationen«, betonte, dass dieses Denkmal ein noch nicht abgeschlossenes »Gemeinschaftswerk« sei. »Wer weiß, wann das letzte Gepäckstück gebracht wird«, fragte Stolz. Niemand solle sich genötigt fühlen, sich zu beteiligen. »Überzeugen wollen wir, nicht nötigen. Und dafür nehmen wir uns ganz viel Zeit.«