Widerstand

Gedenken in der Rosenstraße

Zeitzeugin Ruth Recknagel (4.v.l.) im Gespräch mit Schauspielerin Katja Riemann (2.v.l.) Foto: Rolf Walter

Wieder einmal war es das vermeintlich schwache Geschlecht. Vor genau 70 Jahren, Ende Februar 1943, drängten sich Dutzende nichtjüdische Frauen vor einem Gebäude der jüdischen Sozialverwaltung in der Rosenstraße in Berlin-Mitte, um gegen die Verhaftung ihrer jüdischen Männer zu protestieren. Rund 2000 Männer hatte die SS in dem Haus zusammengepfercht. Im Zuge der sogenannten Fabrikaktion waren sie von ihren Arbeitsplätzen weg verhaftet worden.

Mit einer Gedenkstunde wurde am Donnerstag vergangener Woche an die Internierung der jüdischen Zwangsarbeiter und an die Proteste ihrer Ehefrauen erinnert. Die Veranstaltung begann am Gedenkstein in der Großen Hamburger Straße mit dem Kaddisch und dem El Male Rachamim.

Rosenstraße Dann ging man schweigend zum Denkmal in der Rosenstraße. Dort sprachen unter anderem Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD), der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, der Vorsitzende der Israelitischen Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel, Mario Offenberg, und der Bezirksbürgermeister von Mitte, Christian Hanke.

Gideon Joffe würdigte die »Heldentat« der Frauen. Sie lieferten den besten Beweis dafür, dass man etwas gegen das Unrecht habe tun können.

»›Die Fabrikaktion‹ rief die Angehörigen und Freunde der Verhafteten auf den Plan, wie dies bei keiner anderen Terroraktion der Nationalsozialisten zuvor oder danach der Fall war«, betonte Kulturstaatssekretär Schmitz in seiner Ansprache.

Er würdigte »den Mut der Frauen und Männer«. Der Protest in der Rosenstraße sei das »letzte Aufbegehren gegen die Vertreibung und Vernichtung« der Berliner Juden gewesen. Schmitz forderte, die junge Generation durch die Vermittlung historischen Wissens »für Ausgrenzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit im Hier und Heute zu sensibilisieren. Nur wenn wir das schaffen, hat unsere ganze Erinnerungskultur einen tieferen Sinn, kann sie nachhaltig wirken«.

Ruth Recknagel Im Anschluss an die Gedenkfeier fand ein Generationengespräch mit der Zeitzeugin Ruth Recknagel, der Schauspielerin Katja Riemann und der Schülerin Kathrin Pham statt.

Am 27. und 28. Februar 1943 waren in Berlin mehrere Tausend jüdische Zwangsarbeiter aus Fabriken und Wohnungen geholt und verhaftet worden. 6000 von ihnen sollen Schätzungen zufolge in Vernichtungslagern ermordet worden sein. Weitere rund 2000 Männer, die mit nach Nazi-Jargon »arischen« Frauen verheiratet waren, wurden im Gebäude der jüdischen Sozialverwaltung in der Rosenstraße in Berlin-Mitte festgehalten.

Dort protestierten die Ehefrauen mehrere Tage lang gegen die Internierung. Dass ihre Ehemänner laut neueren Forschungsergebnissen aufgrund ihrer »Mischehe« selbst nicht in die Vernichtungslager gebracht werden, sondern die deportierten Arbeitskräfte ersetzen sollten, konnten sie nicht wissen. Bis Kriegsende mussten die Männer weiterhin Zwangsarbeit leisten. Das Gebäude in der Rosenstraße wurde bei einem Bombenangriff 1945 schwer beschädigt und später abgerissen. ja/epd

Frankfurt/Main

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