Speisen

Es ist fast angerichtet

Die Speisekarte vor dem Gemeindehaus Fasanenstraße ist abgehängt. Bald könnte hier ein neuer Wirt sein Menü vorstellen. Foto: Gregor Zielke

Geschlossen. Seit einem Jahr bleibt die Küche kalt im Restaurant »It’s Gabriel«, vormals Arche Noah, im Gemeindehaus an der Fasanenstraße. Ebenfalls vor verschlossener Tür steht man auch vor dem ehemaligen Restaurant »Kadima«, dem früheren Oren, in der Oranienburger Straße.

Wer derzeit koscher essen gehen möchte, der hat nur wenige Möglichkeiten: Wie zum Beispiel in Bleibergs Café in der Nürnberger Straße, im »Lechaim« in der Münsterschen Straße oder im Kosher Classroom in der ehemaligen Mädchenschule Auguststraße. Allerdings werden diese Restaurants nicht von der Gemeinde betrieben. Tallana Gabriel, die das Gemeinderestaurant gepachtet hatte, wurde vom damaligen Vorstand der Mietvertrag gekündigt.

Seitdem gibt es keine Möglichkeit mehr, nach Konzerten, Lesungen oder Veranstaltungen im Gemeindehaus wenigstens einen Kaffee zu trinken oder etwas zu essen. Auch das kleine milchige Café im Foyer des Gemeindehauses gehörte zum Restaurant, hatte aber nur selten geöffnet. Nun ist es ebenfalls seit einem Jahr nicht in Betrieb. »It’s Gabriel« war nach Angaben von Tallana Gabriel das einzig koscher-fleischige Restaurant in Berlin unter der Aufsicht des Gemeinderabbiners Yitshak Ehrenberg. Gerichte der israelischen, osteuropäischen und der jüdischen Küche standen auf der Speisekarte.

Das Catering bei Veranstaltungen wie der Repräsentantenversammlung übernimmt derzeit das Café Bleiberg. Es baut immer ein Buffett auf, um Zuhörern und Repräsentanten wenigstens Getränke und kleine Mahlzeiten anbieten zu können.

bewerber Doch nun könnte Bewegung in die Sache kommen, denn es gäbe einen seriösen, interessierten Bewerber für das Gemeinderestaurant, sagt Ilan Kiesling, Sprecher der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Seit mehreren Monaten bewerben sich Lali und Juli Silber, Inhaber von »Lampari«, die seit sieben Jahren ein Geschäft mit koscheren Waren aufgebaut haben. Das Paar hat einen koscheren Discounter und beliefert Kunden in Deutschland und den Nachbarländern mit seinen Produkten. Für das Restaurant hatten sie bereits im Sommer ihr Konzept fertig ausgearbeitet: Neben Standardgerichten sollen wöchentlich wechselnde Speisen mit einem israelischen und europäischen Schwerpunkt angeboten werden.

Allerdings seien die Silbers bei ihren Kalkulationen davon ausgegangen, dass noch Inventar im Restaurant vorhanden sei. Alles müsse neu hergerichtet werden, so habe es Juli Silber gehört: »Das Restaurant ist in einem katastrophalen Zustand, dennoch sind wir interessiert. Es ist schließlich auch das Gesicht der Gemeinde.« Ilan Kiesling rechnet mit Sanierungskosten zwischen 100.000 und 150.000 Euro, bei denen bisher nicht geklärt sei, ob die Gemeinde oder der neue Pächter dafür aufkommen muss.

publikumsmagnet Eine der ersten Amtshandlungen des Vorsitzenden Gideon Joffe sei es gewesen, das Restaurant ausschreiben zu lassen. Das ist bereits im vergangenen April geschehen. Mehrere Bewerbungen seien eingegangen, aber ernsthaftere Gespräche habe es nur mit drei Kandidaten gegeben. Joffes Wunsch sei, dass es gutes Essen zu annehmbaren Preisen gebe. Das Restaurant sei bisher kein Publikumsmagnet gewesen, sagt Kiesling. Viele Touristen und etliche Berliner fühlen sich von den notwendigen Sicherheitskontrollen, die am Eingang des Gemeindehaues stattfinden, eher abgeschreckt.

Darunter hatte auch das Kadima in der Oranienburger Straße gelitten. Es wurde 2006 als neues jüdisches Restaurant im Stil der 20er-Jahre eröffnet. Auf der Speisekarte standen jüdische, russische und israelische Spezialitäten im sogenannten kosher-style. Sein Vorgänger, das »Oren«, hatte im April 2004 geschlossen, zwölf Jahre nachdem es als einer der ersten jüdischen Anlaufpunkte im ehemaligen Ostteil der Stadt eröffnet worden war. Den neuen Investor schreckte das Schicksal des Vorgängers nicht ab.

Der Unternehmer Lary Gelerman hatte damals eine Standortanalyse gemacht, ein neues Konzept entwickelt und einen Pachtvertrag mit der Gemeinde geschlossen. Ebenso steckte er 600.000 Euro in den Umbau. Doch 2010 kam das Ende für dieses Restaurant. Bis vor wenigen Wochen wurden die Räume des ehemaligen Kadima als Produktions- und Lagerstätte für das Restaurant in der Auguststraße gebraucht, doch das Pachtverhältnis ist laut Albert Meyer, Rechtsanwalt von Lary Gelerman, beendet. »Der Betreiber ist jederzeit und sofort bereit, das Lokal unter Aufhebung des Mietvertrages an die Gemeinde zurückzugeben.«

Was also an der Oranienburger Straße geschieht, ist noch nicht klar. Für die Fasanenstraße scheint die Perspektive klar zu sein. Die Gemeinde freue sich, wenn dort bald wieder ein koscheres Restaurant eröffnen würde, betont Kiesling.

Frankfurt/Main

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