Channa Maron

Eine Lebensgeschichte in Comics

Charlotte und Pia sind ganz in ihr Gespräch vertieft. Zwischendurch zeigen sie auf das Plakat und machen sich gegenseitig auf bestimmte Aspekte aufmerksam. »Meinst du, dass diese Texte jemand mit der Hand geschrieben hat?«, fragt Pia – so ordentlich aufgeschrieben sehen die Sätze über die israelische Schauspielerin Channa Maron aus. Deren Leben ist derzeit in Form von Comics und Porträts in einer Ausstellung am Heinz-Berggruen-Gymnasium in Berlin-Westend zu sehen.

»Die dunklen Farben, in denen ihr Leben gezeigt wird, haben etwas Trauriges«, findet Charlotte, 17 Jahre alt. »Schau mal, sie wurde von anderen Kindern diskriminiert«, überlegt die 16-jährige Pia, die gerade das Plakat über Channa Marons Kindheit liest. In dem Comic lassen die anderen Kinder das Mädchen Channa, das gerade aus Berlin nach Israel geflohen ist, nicht mitspielen. In einer Sprechblase warnt die Mutter ihre Tochter, die Lackschuhe »nicht dreckig werden« zu lassen – im Tel Aviv von 1933 ein nahezu unmögliches Unterfangen. »Ich wusste bisher kaum etwas über Israel«, gibt Pia später zu. Nachdem sie sich einige der insgesamt zehn Comic-Plakate angeschaut hat, ist das anders.

Tel Aviv Unter dem Titel »Vor allem eins: Dir selbst sei treu. Die Schauspielerin Channa Maron« wurde die Ausstellung im Dezember im Heinz-Berggruen-Gymnasium eröffnet. Etliche Schüler kamen ins Foyer, um mehr zu erfahren, sowohl über die Schauspielerin als auch zu den Zeichnungen – sehr zur Freude des Lehrers und Organisators Steffen Schulz-Lorenz. Er hat die Ausstellung an die Schule geholt.

Angeregt hatte die Schau das Tel Aviver Goethe-Institut: Es beauftragte den israelischen Zeichner David Polonsky und die in Berlin lebende Comiczeichnerin Barbara Yelin damit, zehn Porträts und Comic-Plakate zu Israels »Königin der Bühne« zu erarbeiten. Die Ausstellung solle sich an jene richten, die Channa Maron nicht kannten. Das dürfte in Israel vor allem die jüngere Generation sein – und in Deutschland so gut wie jeder. Bis Ende Januar wird die Ausstellung noch in der Schule zu sehen sein. Anschließend wird sie in München, Wuppertal, Frankfurt und Köln gezeigt.

Haim Peretz ist Ansprechpartner für die Tour in Deutschland. Der Zeichner, der Workshops in Schulen und anderen Institutionen anbietet, betonte in seiner Eröffnungsrede, dass Channa Maron »eine starke, faszinierende Frau« gewesen sei, die sich nicht habe entmutigen lassen. Er freue sich, dass nun ihre Geschichte erzählt werde.

Pünktchen und Anton Channa Maron, ehemaliger Kinderstar, der mit der Rolle der Pünktchen aus Erich Kästners Romanadaption Pünktchen und Anton am Deutschen Theater in Berlin berühmt wurde, emigrierte 1933 nach Israel. Im Zweiten Weltkrieg trat sie als Soldatin der jüdischen Brigade bei und gehörte später zum ersten Ensemble des Cameri-Theaters in Tel Aviv.

Immer wieder engagierte sie sich für Frieden im Nahen Osten: Obwohl sie Opfer eines terroristischen Sprengstoffanschlags im Münchener Flughafen wurde und dadurch einen Fuß verlor, setzte sie sich Zeit ihres Lebens für einen Palästinenserstaat ein. Vor zwei Jahren starb sie im Alter von 90 Jahren in Tel Aviv. David Polonsky hielt Marons schauspielerische Höhepunkte in Einzelporträts fest; Barbara Yelin führte Interviews mit Wegbegleitern und Verwandten der Schauspielerin in Israel – deren Perspektiven spiegeln sich episodenhaft auf den Plakaten wider.

»Ich bin Comicfan, besonders Tim und Struppi mag ich, aber diese gefallen mir auch sehr gut«, bemerkt der 14-jährige Lasse. Es sei eine besondere Art von Kunst. Vor allem das Thema – Exil, Flucht und Neuanfang – interessiert ihn. Er hofft, dass es noch im Unterricht aufgegriffen wird und ihm genug Zeit bleibt, sich die Ausstellung in Ruhe genauer anzuschauen. Seine Mitschülerin Sophie spricht vor allem der Ausstellungstitel an – sie findet ihn »unfassbar gut«. Denn sich selbst treu zu sein, sei immer gültig

Frankfurt

30 Jahre Egalitärer Minjan: Das Modell hat sich bewährt

Die liberale Synagogengemeinschaft lud zu einem Festakt ins Gemeindezentrum

von Eugen El  09.12.2024

Frankfurt/Main

»Mein Herz blutet«

In Israel herrsche »Balagan«, Chaos, sagt Chaim Sharvit. Er steht hier denen zur Seite, die zum ersten Jahrestag des 7. Oktober dunkle Gedanken haben. Ein Besuch in Deutschlands größtem jüdischen Altenheim in Frankfurt

von Leticia Witte  14.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024

Berlin

»Ein bewegender Moment«

Am Donnerstag fand in Berlin die feierliche Ordination von zwei Rabbinerinnen sowie sechs Kantorinnen und Kantoren statt. Doch auch der monatelange Streit um die liberale Rabbinatsausbildung in Deutschland lag in der Luft

von Ralf Balke  09.09.2024 Aktualisiert

Neue Potsdamer Synagoge

Am Freitag wird der erste Gottesdienst gefeiert

Nach der feierlichen Eröffnung im Juli soll nun das religiöse Leben in der Synagoge in Potsdam langsam in Gang kommen. Am Wochenende sind erste Gottesdienste geplant

 06.09.2024

IKG

»Ein großer Zusammenhalt«

Yeshaya Brysgal zieht nach einem Jahr als Jugendleiter eine positive Bilanz und plant für die Zukunft

von Leo Grudenberg  04.09.2024

Keren Hayesod

»Das wärmt mir das Herz«

Der Gesandte Rafi Heumann über seinen Abschied von Berlin, deutsche Spielplätze und treue Spender

von Christine Schmitt  04.09.2024

Porträt der Woche

Sinn ernten

Caro Laila Nissen half nach dem 7. Oktober Bauern in Kibbuzim nahe Gaza

von Lorenz Hartwig  01.09.2024