Nachruf

»Eine große jüdische Persönlichkeit«

Marga Spiegel sel. A. Foto: Marko Priske

Marga Spiegel ist tot. Die Tante des ehemaligen Zentralratspräsidenten Paul Spiegel sel. A. starb nach langer schwerer Krankheit in der Nacht zum Dienstag 101-jährig in Münster. »Wir werden Marga Spiegel als Gemeindemitglied mit großer Popularität über unsere Jüdische Gemeinde hinaus schmerzlich vermissen«, trauert Gemeindevorsitzende Sharon Fehr um die alte Dame.

»Eine große jüdische Persönlichkeit hat uns verlassen. Ihre Stimme gegen Antisemitismus, Ausgrenzung und Menschenverachtung ist für immer verstummt«, schreibt die Gemeinde in ihrem Nachruf und nennt Spiegel eine Brückenbauerin zur nichtjüdischen Mehrheit. »Ihre Kraft, ihre Hingabe und ihr außergewöhnlicher Humor hätten der Gemeinde Mut gegeben, in ihrem Sinne weiterzuwirken«.

Film Einem breiten Publikum bekannt wurde Marga Spiegel 2009 durch die Verfilmung ihrer Überlebensgeschichte Unter Bauern. Damals war sie bereits 97 Jahre alt und stand den Schauspielern beratend zur Seite. Marga Spiegel war rüstig bis ins hohe Alter hinein.

1912 in Oberaula als Marga Rothschild geboren, stand für sie früh fest, dass sie nach Israel auswandern wollte. »Ich war schon als Jugendliche Mitglied in der zionistischen Jugend. Nur mein Mann hatte zu dem Land irgendwie keinen Bezug«, erzählte sie kurz vor der Filmpremiere.

Als ihr Mann Siegmund Spiegel 1942 eine Einberufung zur Kontrolle seiner Arbeitspapiere bekam, begann er, nach Unterschlupfmöglichkeiten für seine Familie in verlassenen Höfen im tiefen Münsterland zu suchen. Versteckt von Bauern, Freunden und Bekannten und unter falschem Namen überlebte Marga Spiegel.

Neugierig Marga Spiegels Überlebensgeschichte wurde mit Veronika Ferres in der Hauptrolle verfilmt. Marga Spiegel baute schnell ein herzliches Verhältnis zu der Schauspielerin auf. »Wir sind richtige Freundinnen geworden. Vielleicht auch, weil wir uns so ähnlich sind«, erzählte Spiegel. »Wir zerpflücken gern alles – gehen den Dingen auf den Grund«, sagte sie der Jüdischen Allgemeinen.

Zeitlebens blieb Spiegel ein politischer Mensch und sprach oft vor Schulklassen über den Nationalsozialismus und ihre wundersame Rettung. Seit 2004 ist ihr und anderen die Dauerausstellung Jüdische Lebenswege im Jüdischen Museum Westfalen gewidmet. Seit 2005 war Spiegel Ehrenmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Sie ging in die Justizvollzugsanstalt Münster, sah sich dort gemeinsam mit den Gefangenen den Film an und unterhielt sich mit ihnen darüber. Nach diesem Erlebnis trat sie 2009 dem Förderverein Gefangenenbüchereien bei.

Zeitzeugin Für ihren »unermüdlichen Einsatz als Zeitzeugin« erhielt Spiegel am 19. Juli 2010 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. In Werne wurde 2012 eine Sekundarschule nach Spiegel benannt, die sie gemeinsam mit der Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, noch im Sommer vergangenen Jahres besuchte.

Marga Spiegel ist Trägerin des Ehrenpreises der Stiftung »Cinema for Peace« und wurde im November 2013 mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Im Juni wäre sie 102 Jahre alt geworden. ja

Berlin

Zeichen der Solidarität

Jüdische Gemeinde zu Berlin ist Gastgeber für eine Gruppe israelischer Kinder

 15.04.2024

Berlin

Koscher Foodfestival bei Chabad

»Gerade jetzt ist es wichtig, das kulturelle Miteinander zu stärken«, betont Rabbiner Yehuda Teichtal

 07.04.2024

Hannover

Tränen des Glücks

Auf der Damentoilette gibt es eine Schminkorgie, während Backstage auch mal die Gefühle durchgehen. Aber »je näher der Abend, desto geringer die Aufregung«

von Sophie Albers Ben Chamo  31.03.2024

Hannover

»Alle sollen uns hören und sehen!«

Tag zwei der Jewrovision beweist, dass immer noch mehr Energie möglich ist. Nach Workshops und Super-Hawdala geht es zur Kirmes und auf die Zielgerade zur Generalprobe am Sonntagvormittag

von Sophie Albers Ben Chamo  30.03.2024

Jewrovision

Perfekter Auftritt

Der Countdown zur 21. Jewrovision läuft. Rund 1300 Teilnehmer und Gäste aus den deutschen Gemeinden purzeln in Hannover aus den Bussen und bereiten sich auf das große Finale am Sonntag vor: Time to Shine!

von Sophie Albers Ben Chamo  29.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt

 26.03.2024

Berlin

Purim für Geflüchtete

Rabbiner Teichtal: »Jetzt ist es wichtiger denn je, den Geflüchteten die Freude am Feiertag zu bringen«

 21.03.2024

Centrum Judaicum Berlin

Neue Reihe zu Darstellungen von Juden in DDR-Filmen

Im April, Mai, August, September und Oktober werden die entsprechenden Filme gezeigt

 20.03.2024

Stiftungsgründung

Zentralrat der Juden ordnet Rabbinerausbildung neu

Das Abraham Geiger Kolleg und das Zacharias Frankel College sollen durch eine neue Trägerstruktur abgelöst werden - mit Unterstützung der staatlichen Zuwendungsgeber

 26.02.2024