Dortmund

Der Scheck geht nach Netanya

Es sind Bilder von starken Menschen, die auf der Leinwand zu sehen sind. Sie haben sich durchs Leben gekämpft, trotz erheblicher körperlicher Behinderungen. Einen Fuß können sie bewegen oder nur mit dem Mund einen Pinsel halten, mit der Bewegung ihrer Augen einen Computer steuern. Aber sie lachen, sie malen – und sie senden Grüße nach Dortmund.

Selbstbewusst hat sich das Haus »Maon Nechim« am vergangenen Donnerstag in seinem Video vorgestellt. Diese Einrichtung für Behinderte in Netanya hatte sich die Jüdische Gemeinde Dortmund ausgesucht, um sie mit einer Spendengala zu unterstützen.

partnerstadt »Nach der erfolgreichen Gala im letzten Jahr dachten wir, dass so etwas noch einmal stattfinden muss«, sagt Rabbiner Avichai Apel. Er initiierte 2013 einen Abend, an dem Spenden für das Kinderheim »Bet Elazraki« gesammelt wurden – ebenfalls im israelischen Netanya, Dortmunds Partnerstadt. Für die diesjährige Neuauflage wurde ein weiteres Spendenziel gesucht. »Meine Frau machte den Vorschlag, dass wir ein Zentrum für behinderte Menschen finden sollten«, erklärt Rabbiner Apel.

Die Suche dauerte nicht lange, nach wenigen Klicks bei Google fand Apel das Pflegezentrum »Maon Nechim« und schrieb eine E-Mail an die Leitung des Hauses. Die erste Antwort sei zurückhaltend gewesen, eher zweifelnd, erinnert sich Apel. »Ich fragte, ob sie kein Geld brauchen«, erzählt der Rabbiner und schmunzelt. Er erklärte die Absichten der Dortmunder, berichtete von der Gemeinde, im Gegenzug stellte sich das Pflegezentrum ausführlicher vor.

Bald darauf war man auch in Netanya von der Zusammenarbeit angetan. »Die Kooperation lief wunderbar«, sagt Rabbiner Apel heute, der sich mit einer besonderen Idee an das Haus wandte: Bei der Veranstaltung in Dortmund sollten Bilder versteigert werden, die von den Bewohnern der Einrichtung gemalt wurden. Schon bald trafen vier Werke in der Jüdischen Gemeinde ein.

menü Die Vorbereitungen hätten dann aber doch eine Menge Arbeit erfordert, so der Rabbiner. Von den Einladungen bis zur Tischdekoration, von der Musik bis zur Betreuung der Gäste am Abend der Gala – und dann war da noch seine größte Sorge vor der Veranstaltung: »Es ist immer noch nicht selbstverständlich für unsere Mitglieder, dass man spenden soll«, erzählt Apel. Doch diese Sorge erwies sich schließlich als unbegründet. 85 Menschen kamen in das Gemeindezentrum und nahmen an der Gala teil.

Die Eintrittskarten kosteten 50 Euro, dafür gab es ein festliches Menü aus der Gemeindeküche und eine hervorragende musikalische Untermalung des Abends: Das ukrainische Trio Scho, das Ende der 90er-Jahre in Christoph Schlingensiefs Sendung »Talk 2000« auftrat, war zu Gast, außerdem der auf jiddische Lieder spezialisierte Sänger Karsten Troyke sowie der Klarinettist Jan Hermerschmidt. »Die Stimmung war super«, fasst der Rabbiner erfreut zusammen.

Der Abend bewies auch, dass Apels Idee zu einer Spendengala in der Gemeinde angekommen ist und gut aufgenommen wurde. 65 Prozent der Besucher, schätzt der Rabbiner, waren Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, hinzu kamen zahlreiche Gäste. Vertreter der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in der Ruhrgebietsstadt besuchten die Gala. Auch Mitglieder des Dortmunder Vereins, der sich um die Pflege der Städtepartnerschaft mit Netanya bemüht, waren dabei, außerdem Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft NRW.

»Ganz wichtig ist, dass der neue Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange gekommen ist«, betont Rabbiner Apel. »Und das an einem Tag, an dem Rechtsextremisten vor dem Dortmunder Rathaus versucht hatten, zu demonstrieren. Wir sehen das als ein klares Zeichen der Unterstützung der Gemeinde und gegen Rechtsextremismus«, unterstreicht Apel.

spendensumme »Es war schwer, es war gut, es war sinnvoll«, ist derzeit noch die einzige Bilanz, die der Rabbiner nach der Spendengala ziehen möchte. Die genaue Summe, die an dem Abend zusammengekommen ist, wird erst in den kommenden Tagen erfasst sein. Denn es wurde nicht nur von Besuchern der Veranstaltung gespendet, sondern auch von Mitgliedern und Freunden der Gemeinde, die nicht an der Gala teilnehmen konnten.

Diejenigen aber, die ins Gemeindezentrum kamen, waren nicht nur von dem Film über die Arbeit in »Maon Nechim« berührt, sondern auch von einer Geste der Moderatorin Tirzah Haase. Die Schauspielerin und Sängerin eröffnete den Abend mit einem Gebet für die entführten israelischen Jugendlichen. Auch dabei wurde am Donnerstag deutlich, dass Israel gar nicht so weit von Dortmund entfernt ist.

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