Berlin

Der Rabbi und sein Geheimnis

Das Kunstatelier Omanut stellt sein neues Projekt vor – einen Film in Zusammenarbeit mit Shlomit Lehavi

von Christine Schmitt  26.05.2019 18:39 Uhr

Selbst gemachte Figuren für die Filmkulisse Foto: omanut

Das Kunstatelier Omanut stellt sein neues Projekt vor – einen Film in Zusammenarbeit mit Shlomit Lehavi

von Christine Schmitt  26.05.2019 18:39 Uhr

Alles ist selbst gemacht – ob Bühnenbilder, Figuren, Musik oder Texte: Bei diesem Trickfilm konnten die Teilnehmer des Kunstateliers Omanut zeigen, über welche Talente sie verfügen. Jeder durfte mitmachen und sich die Tätigkeit aussuchen, die ihm lag. Herausgekommen ist ein charmanter achtminütiger Streifen, der eine ganz eigene Atmosphäre entstehen lässt, die den Zuschauer gefangen nimmt. Vor Kurzem wurde der Film in der Jüdischen Galerie Omanut präsentiert, dazu wurden Making-of-Fotos der Bühnenbilder und Figuren gezeigt. Die Künstlerin Shlomit Lehavi, die das Projekt mitbetreute, verriet einige Details, wie so ein Streifen technisch angefertigt wird.

Thema des Films ist die Wohltätigkeit. Er handelt von einem chassidischen Rabbi, der morgens immer zur selben Zeit zu verschwinden pflegt. Die meisten seiner Anhänger glauben, dass er in den Himmel hinauffährt. Doch dann entschließt sich das Mädchen Aviva, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Es versteckt sich unter dem Bett des Rabbis und begleitet ihn heimlich am nächsten Tag. Aviva beobachtet, dass der Rabbi für eine kranke alte Frau Holz hackt und es ihr bringt.

DICHTER Die Kurzgeschichte »Höher als zum Himmel« stammt von dem jiddischen Dichter Jizchak Leib Perez. Sie entstand um 1900 und wurde nun frei interpretiert. Mit viel Liebe zum Detail haben die Teilnehmer des Kunstateliers die Bühnenbilder geschaffen. Die winzigen Bücher, die im Regal des Zimmers des Rabbiners stehen, wurden alle selbst angefertigt, ebenso das kleine Akkordeon, das auf dem Boden liegt, und der Schaukelstuhl, das Bett und der gekachelte Ofen.

Der Kurzfilm beruht auf einer Kurzgeschichte des jiddischen Dichters Jizchak Leib Perez.

Bei den Figuren mussten sie allerdings feststellen, dass das geplante Material – Knetmasse – nicht halten würde. Deshalb kauften sie die Figuren und statteten sie selbst aus. Die winzigen Kippot, die die fingergroßen Püppchen tragen, sind selbst gehäkelt.

Einige Teilnehmer gestalteten den Wald, indem sie erst Äste sammelten und dann in einen Wachsklumpen steckten. Andere klebten kleine Mosaike für die Wände, formten die Schabbatkerzen oder stellten die Menora her. Nachdem die Kulissen und Puppen fertig waren, wurde jede Bewegung der Figuren fotografiert und zu einem Film zusammengesetzt.

Zwei kleine Bilder erinnern an zwei verstorbene Teilnehmer. »Wir haben ihre Werke verkleinert und als Bilder aufgehängt«, sagt Judith Tarazi, Leiterin des Kunstateliers. Als alles fertig war, haben die Teilnehmer an dem großen Tisch im Kunstatelier gesessen und viel diskutiert. Könnte noch etwas verbessert werden? Irgendwann herrschte Einigkeit, dass es so gut ist.

Da der Film barrierefrei werden sollte, wurde eine Gebärdendolmetscherin eingeladen, die ihn für Gehörlose übersetzte.

GEBÄRDENSPRACHE Da der Film barrierefrei werden sollte, wurde eine Gebärdendolmetscherin eingeladen, die ihn für Gehörlose übersetzte. Und dann sollte für blinde Menschen noch eine Audiodeskription erstellt werden, sodass alle Kulissen und Handlungen detailliert beschrieben werden mussten. »Das war ein toller Tag«, freut sich Judith Tarazi. Glücklicherweise habe das Projekt länger gedauert als ursprünglich geplant, denn es habe allen viel Spaß gemacht.

Das Kunstatelier Omanut gibt es seit zehn Jahren. Es ist offen für jeden, der aufgrund seiner Behinderung, seiner Lebenssituation oder einer Lebenskrise einen geschützten Raum sucht, seinen Tagen Struktur geben möchte und Lust hat, kreativ zu arbeiten. In Trägerschaft der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und mit Unterstützung der »Aktion Mensch« wird eine Tagesbetreuung mit unterschiedlichen Projekten angeboten.

Die Künstlerin Shlomit Lehavi wurde 1965 in Tel Aviv geboren und zog 1998 nach New York, wo sie ihre Werke ausstellte. Seit einigen Jahren lebt sie in Berlin und wird von der »Stiftung Zurückgeben« gefördert. Hauptsächlich arbeitet sie mit neuen Medien, interaktiven und ortsspezifischen Installationen.

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