Die Leipziger Rabbinerin Esther Jonas-Märtin beklagt in Deutschland Bildungslücken zum Judentum. »Es ist schwierig, in einer Zivilgesellschaft zu leben, in der ›Andere‹ gar nicht wirklich wahrgenommen, respektiert oder akzeptiert werden«, sagte sie der in Leipzig erscheinenden kirchlichen Wochenzeitung »Der Sonntag« (Ausgabe vom 27. Oktober).
Jüdische Menschen würden bestenfalls als Exkurs wahrgenommen, dazwischen seien antijudaistische Vorurteile, die sich insbesondere im Osten Deutschlands seit den 90er-Jahren verstärkt hätten, sagte Jonas-Märtin. Die Gründerin des jüdischen Lehrhauses »Beth Etz Chaim« (deutsch: »Haus Lebensbaum«) in Leipzig reagierte damit auch auf den Anschlag auf die Synagoge in Halle vor zwei Wochen, bei dem zwei Menschen getötet wurden.
bildung Jüdisches Leben stelle hierzulande bei Weitem keine Normalität dar, betonte sie. In den meisten Supermärkten gebe es keine koscheren Produkte, Menschen wüssten nicht, wann das jüdische Neue Jahr beginnt, oder generell, wann jüdische oder muslimische Feiertage stattfinden, sagte sie. Es fehle zudem an Bildung, die über Ursachen und Wirkungen reflektiere, und die Vielfältigkeit in gegenseitigem Respekt unterstütze sowie Empathiefähigkeit stärke.
»Spätestens mit den Toten in Halle müsste allen klar sein, dass Antisemitismus letztlich uns alle betrifft«, sagte Jonas-Märtin. Der Frieden sei »bereits dann gestört, wenn auf der Arbeit, abends beim Familienessen oder beim Kaffeeklatsch rassistischen Äußerungen nicht widersprochen wird: Aus Worten werden Taten«, ergänzte die Rabbinerin. epd