Kundgebung

Angst in Kassel

Als äußerst bedrohlich für die jüdische Gemeinschaft hat sich am Dienstag die Demonstration von 2000 radikalen Israelgegnern in Kassel gezeigt. Diese zogen mit Rufen wie »Kindermörder Israel« und »Allahu akbar« über die zentrale Einkaufsstraße der Stadt.

Rund 90 Pro-Israel-Demonstranten stellten sich fast zeitgleich dem Zug entgegen. Erstmals hatte die Jüdische Gemeinde Kassel zusammen mit dem Kasseler Bündnis gegen Antisemitismus, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der Jüdischen Liberalen Gemeinde Emet weSchalom Nordhessen zu einer Kundgebung aufgerufen. Sie versammelten sich in Sichtweite des Protestzugs und wurden von den vorbeiziehenden Demonstranten wüst beschimpft und bedroht. Die Polizei musste Übergriffe verhindern.

Kritik »Wir erleben hier die größte antisemitische Zusammenrottung in Kassel seit 1945«, sagte der Sprecher des Bündnisses gegen Antisemitismus (BgA), Jonas Dörge. Die Spitze der Stadt Kassel habe dazu bislang keine Position bezogen, kritisierte er.

Der aggressive Charakter der unter dem harmlos klingenden Motto »Frieden in Palästina« angemeldeten Demonstration war bereits im Vorfeld deutlich geworden. So hatten Teilnehmer auf der Facebook-Seite der Veranstaltung Israel immer wieder mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt. Zudem gab es antisemitische Ein- träge. »Wir fangen an, Hitler zu mögen«, schrieb eine Nutzerin.

»Es ist schrecklich, dass ein solcher Hass durch die Kasseler Straßen getragen wird, aber ich freue mich sehr, dass es Menschen gibt, die uns Juden unterstützen«, sagte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Kassel, Ilana Katz. Sie bedankte sich ausdrücklich bei den Teilnehmern der Kundgebung für ihr Engagement.

Weil die Kasseler Synagoge nur wenige Schritte vom Startpunkt der antiisraelischen Kundgebung entfernt lag, hatte die Gemeinde den geplanten Religionsunterricht sicherheitshalber abgesagt. »Wir möchten unsere Kinder nicht der Gefahr aussetzen, von diesen aufgehetzten Menschen angegriffen zu werden«, sagte Katz der Jüdischen Allgemeinen.

Absage Für den 18. Juli ist erneut eine israelfeindliche Demonstration angekündigt. Die Gemeindevorsitzende fürchtet nun auch um die Sicherheit der zumeist älteren Besucher des freitäglichen Schabbat-Gottesdienstes. Die Gemeinde habe die Stadt Kassel deshalb gebeten, die Route des Anti-Israel-Protestes zu verlegen.

»Wenn die Demonstration tatsächlich wie geplant nur 200 Meter von der Synagoge entfernt enden würde, wäre das für unser Sicherheitsgefühl eine Katastrophe«, sagte Katz. »Wir erwägen derzeit ernsthaft, den Gottesdienst dann abzusagen.« Es wäre das erste Mal seit Eröffnung der neuen Synagoge im Jahr 2000, dass jüdische Beter aus Angst vor Angriffen nicht zusammenkommen könnten.

Sorge
Mit ihrer Sorge ist Katz nicht allein. Noch während die Demonstranten mit lauten »Kindermörder Israel«-Rufen durch die Stadt zogen, bekam die Vorsitzende erste Anrufe von Gemeindemitgliedern. »Die Kasseler Juden haben Angst«, erklärte Katz mit ernstem Gesicht. Sie erwarte von der Stadt und Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) nun einen klaren Einsatz für ein ungehindertes jüdisches Leben in der nordhessischen Metropole.

Teilnehmer der gemeinsamen Kundgebung haben der Jüdischen Gemeinde bereits ihre andauernde Unterstützung versprochen. »Das ist ein gutes Gefühl«, sagte Katz. »Aber das reicht nicht. Wir Juden brauchen wirkliche Sicherheit.«

Zentralrat der Juden

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