Düsseldorf

Alles außer Politik

Heller, lichter, lockerer: Der neue Treffpunkt könnte unter Düsseldorfs jungen Juden für Furore sorgen. Foto: Wilfried Meyer

Das moderne Café-Restaurant nahe des Düsseldorfer Stadtzentrums ist gut besucht. Kreative, Studenten und ein paar Touristen schlemmen sich durch das reichhaltige, internationale Speiseangebot. An einem langen Tisch in der Ecke sitzt eine Gruppe von etwa 30 jungen Männern und Frauen und unterhält sich. Was im brummenden Cafébetrieb nicht weiter auffällt, ist doch etwas Besonderes, schließlich ist es die Premiere eines jüdischen Stammtischs. Mittendrin: Vanessa Rothe, Eventmanagerin der Düsseldorfer Gemeinde, die die Idee dazu hatte.

Seit fünf Jahren ist es – unter anderem – ihre Aufgabe, Veranstaltungen zu organisieren, um junge erwachsene Juden mit der Gemeinde zu verbinden. 7.500 Mitglieder zählt diese mittlerweile in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. »Da ist es gar nicht so einfach, neue Leute kennenzulernen«, sagt Vanessa Rothe und blickt in die Runde. Ihre Angebotspalette ist breit, von Bowling und Partys über Ausflüge bis zu Seminaren und Rundgängen – etwa mit dem Rabbiner über den Markt. Immer gibt es ein Gemeinschafterlebnis, bei dem die Teilnehmer auch etwas über jüdische Tradition lernen können.

Kontakt »Judentum light«, nennt die Event-Expertin das Programm. Sie selbst wird je zur Hälfte von der Gemeinde und der US-Hilfsorganisation Joint bezahlt. Während sie aber sonst dafür verantwortlich ist, dass ein bestimmtes Programm abläuft oder ein Konzept realisiert wird, läuft der Stammtisch von selbst. Die gebürtige Herforderin hatte zuvor in ihrem Verteiler eine Einladung herumgeschickt und um Rückmeldung gebeten. Die Mail ging an rund 1.500 potenziell Interessierte in und um Düsseldorf.

Gekommen sind unter anderen Jurij (25) und Alexander (30) aus Bochum und Essen. »Wir wollen ein bisschen reden und unseren Bekanntenkreis erweitern«, erzählt Jurij, der auch gern Stammtische des Jüdischen Studentenverbands NRW besucht, die monatlich in Essen, Bochum oder Dortmund stattfinden. Rechtsreferendar Eli (27) ist gerade erst von Aachen nach Düsseldorf gezogen und kennt praktisch noch niemanden am Tisch. Das ändert sich jedoch schnell. Vanessa Rothe stellt jeden Neuankömmling vor und schließlich kommt Eli neben Anna zu sitzen. Die 19-Jährige ist routinierte Besucherin vieler Gemeindeveranstaltungen und erklärt gern, was man in Düsseldorf so alles unternehmen kann. »Ich wollte mal wieder jüdisch weggehen«, erklärt sie ihre Motivation für den Café-Besuch.

Thematisch geht es an diesem Abend querbeet, wobei die Politik eine Nebenrolle spielt. Genau das ist nach Ansicht von Vanessa Rothe der Unterschied zwischen einem rein jüdischen und einem gemischten Stammtisch, bei dem nur einer oder ein paar Juden dabei sind. »Es ist häufig so, dass man als Jude schnell auf die israelische Politik angesprochen wird und es zu Diskussionen darüber kommt.« Ein emotional aufgeladenes Thema, das dann in der Regel eine entspannte Atmosphäre nicht mehr zulässt.

Ausbaufähig Beim jüdischen Stammtisch ist es dagegen möglich, einen kompletten Abend zu verbringen, ohne sich für Siedlungspolitik oder Gaza-Blockade rechtfertigen zu müssen. Dafür ging es um Kinofilme, die letzten jüdischen Veranstaltungen und »das ganz normale Leben«. Das Ganze begann um 20 Uhr mit einer Handvoll Besucher. Bis 22 Uhr war die Gruppe auf gut 35 Teilnehmer gewachsen. Schluss war erst deutlich nach Mitternacht.

Die Stammtisch-Idee ist im Kommen: 40 Kilometer weiter südlich bietet die Kölner Synagogen-Gemeinde, die bei Veranstaltungen für junge Leute eng mit Düsseldorf kooperiert, etwas Ähnliches an, sogar in einem koscheren Lokal. In der Landeshauptstadt gab es auch schon einen Stammtisch des J-Clubs – eine ehrenamtliche Initiative aus der Gemeinde – für Juden zwischen 25 und 40 Jahren.

Wie es nach der erfolgreichen Premiere mit dem Düsseldorfer Treffen weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Vanessa Rothe denkt an Wiederholungen im zweimonatlichen Rhythmus, damit die Veranstaltung ihren Reiz behält. Als Nächstes steht für sie am Sonntag, 20. Februar, ein koscheres Dinner mit einem Konzert der Mezzosopranistin Francisca Hahn auf dem Programm, die auch jüdische Lieder im Repertoire hat. Karten kosten für Gemeindemitglieder 42 Euro. Wer sich für Veranstaltungen für junge Juden in Düsseldorf interessiert, kann unter der Mailadresse events@jgdus.de den monatlichen Newsletter abonnieren.

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