De facto ist er bereits seit Juni 2024 in Berlin und Brandenburg als Militärrabbiner tätig, jetzt folgte am Dienstag die feierliche Ordinierung im Operativen Führungskommando der Bundeswehr in Schwielowsee: Dort erhielt Rabbiner Shlomo Afanasev seinen Tallit und den Segen der Orthodoxen Rabbinerkonferenz. Die religiöse Einführung nahm Militärbundesrabbiner Zsolt Balla vor.
»Wir haben drei Kernaufgaben. Wir kümmern uns um jüdische Soldaten und alles, was mit dem Judentum verbunden ist, also Feiertage, koscheres Essen, was auch immer im Alltag vorkommen könnte. Aber grundsätzlich sind wir für alle Soldaten da«, erklärt Shlomo Afanasev.
Hinzu komme der für alle Soldaten verbindliche »Lebenskundliche Unterricht«, den in der Regel Militärseelsorger gestalten. »Die Inhalte sind nicht religionsverbunden. Es sind neutrale Schwerpunkte wie demokratische Werte, Toleranz, Tod und Verwundung oder Verantwortung«, so Afanasev.
Der dritte Bereich umfasst Auslandseinsätze. Im Frühjahr 2024 war Rabbiner Konstantin Pal bereits als Teil der »Standing NATO Mine Countermeasures Group 1« im Einsatz. Drei Monate betreute er den deutschen Verband an Bord des Tenders »Donau« im Nordatlantik, in der Nord- und Ostsee. Es war der erste Einsatz eines deutschen Militärrabbiners seit dem Ersten Weltkrieg. Auch Afanasev wird ab nächstem Jahr Soldaten bei Auslandseinsätzen begleiten. »Ich werde drei oder vier Monate voraussichtlich im Kosovo dabei sein«, sagt der Rabbiner.
Weitere Aufgaben der Militärrabbiner sind offizielle Anlässe wie Gelöbnisse, Kommandoübergaben, Gedenkveranstaltungen oder Sommerfeste. Die jüdischen Seelsorger sind viel beschäftigt, seit im Juni 2021 Zsolt Balla als Militärbundesrabbiner in sein Amt eingeführt wurde, als erster in der Geschichte der Bundeswehr. Dann kamen fünf Außenstellen hinzu, zuletzt in Köln. Zehn sollen es insgesamt einmal werden, an jedem Standort ist jeweils ein orthodoxer und ein liberaler Rabbiner vorgesehen.
Shlomo Afanasev ist jetzt der erste orthodoxe Rabbiner der Truppe in Brandenburg. Sein Standort ist Schwielowsee. Von dort aus ist er zuständig für 27 Liegenschaften der Bundeswehr. »Am Anfang war es ein bisschen alles neu. Eine Welt für sich. Aber es ist wirklich sehr angenehm, so transparent und klar. Das gefällt mir sehr«, sagt der Rabbiner, der 1981 in Taschkent geboren wurde und dort einen Hochschulabschluss in Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsprüfung absolvierte.
Von 2005 bis 2010 studierte er an der Talmudschule Yeshivas Beis Zion in Berlin, dem Midrasch Shmuel Talmudic College in Jerusalem und dem Rabbinerseminar zu Berlin. Von 2012 bis 2020 führte er Halacha-Studien am Community College in Berlin durch und war bis 2021 als Dozent für Halacha und Talmud am Rabbinerseminar zu Berlin tätig.
Shlomo Afansev ist verheiratet und lebt in Berlin. Privat entwickelte er unter anderem eine App zur Erkennung koscherer Lebensmittel. »Man geht in ein Geschäft, scannt einen Barcode ein und wird dann informiert, ob das Produkt schon geprüft wurde.« Falls dies noch nicht geschehen sei, könne man ihm über die App Bilder mit Zutaten und Informationen schicken. »Und wenn ich Zeit habe, bewerte ich die Produkte, dann bekommt man auch eine entsprechende Meldung.«