emden

Weites Land

Yaron Windmüller intoniert Schuberts Melancholie. Das Publikum dankt es ihm mit ergriffener Aufmerksamkeit. Nur wenige hundert Meter von der Johannes-a- Lasco-Bibliothek entfernt tobt das Leben. Die Stadt feiert an diesem Wochenende ihr Matjes-Fest. Budenzauber rund um das Rathaus, zauberhafte Klänge in der ehemaligen Ruine der Großen Kirche – dargebracht als Geschenk des in Israel geborenen Baritons Yaron Windmüller und der ungarischen Pianistin Orsolya Nagy.
Emden, einst älteste und größte jüdische Gemeinde Ostfrieslands, heute lebt hier nur eine zugewanderte jüdische Familie. Viel hat sie nicht mit der jüdischen Gemeinde im 86 Kilometer entfernten Oldenburg zu tun. Das bedauert die Gemeindevorsitzende Sara-Ruth Schumann.
Eine weitere jüdische Familie lebt in Aurich und eine in Leer. Das bedeutet 60 bis 90 Kilometer Anfahrtsweg für die versprengten Gemeindemitglieder, wenn sie zweimal im Monat den Gottesdienst in Oldenburg besuchen wollten.
Doch wer an diesem Tag in der Johannes-a-Lasco-Bibliothek sitzt und dem Konzert lauscht, weiß, dass er ein besonderer ist, für Emden, für Ostfriesland. Das Ostfriesische Landesmuseum eröffnet die Ausstellung »Im Lichte der Menora. Sie waren Deutsche, Ostfriesen und Juden«.
»Ein ambitioniertes Ausstellungsprojekt zur 400-jährigen Geschichte jüdischen Lebens in dieser Region und ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur dieser Stadt, mit Fokus auf den Neubeginn«, sagt Wolfgang Jahn, kommissarischer Leiter des Landesmuseums.150 Besucher sind gekommen. Der Oberbürgermeister der Stadt, Alwin Brinkmann, richtet seine Grußworte vor allem an die Gäste aus Israel. Auch Sara-Ruth Schumann spricht als Vertreterin des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg und heißt den Besuch willkommen. Es sind Angehörige der ehemaligen Emdener Gemeindemitglieder so wie Yaron Windmüller.
Shiri Lupowich-Moses und ihre Eltern Dorit und Gidon Moses sind unter ihnen. Sie ist die Enkelin der 1923 in Emden geborenen Gustel Moses-Nussbaum und hat ein besonderes Geschenk mitgebracht: einen Sahnelöffel: Ihn hatte Gesine, die Hausangestellte der Nussbaums, einst von ihnen für ihren Fleiß geschenkt bekommen – er ist aus einer silbernen Münze mit dem Konterfei Kaiser Wilhelms gefertigt. Sie behielt ihn, als sie längst nicht mehr bei »den Juden« arbeiten durfte und vererbte ihn an ihre Tochter.
Als man Stücke für die Ausstellung suchte, fiel Gustel Moses-Nussbaum jener Löffel wieder ein. Auch Gesines Tochter war einverstanden, ihn der Enkelin mit auf den Weg zugeben. Er war das Einzige, was aus jener Zeit geblieben war. »Passt gut auf diesen kleinen Löffel auf, weil er daran erinnert, dass unsere Familie in dieser Stadt über Generationen in Frieden mit euch zusammengelebt hat«, beschwor Gustel Moses-Nussbaum ihre Enkelin Shiri. Der Sahnelöffel hängt nun am Eingang der Ausstellung, deren Auftakt mit: »Judentum: Was ist das?« betitelt ist.
Mit diesem Ausstellungsteil habe man die Brücke in die Gegenwart schlagen wollen, sagt Sara-Ruth Schumann. Im Zentrum steht ein großer Schabbat-Tisch. Filmisch aufbereitete Interviews mit Emder Juden ergänzen die Ausstellung. Bewusst provokant inszeniert ist die Zeit des NS-Terrors. Sie wird allein anhand von Fotos und Dokumenten dargestellt. »Akten« haben hier den Platz einer zuvor lebendigen Kultur eingenommen.
Als Yaron Windmüller sich mit dem Lied »Acharei shenasat« des zeitgenössischen Komponisten Matti Caspi verabschiedet und den »Korridor der Erinnerung« betritt, entdeckt er unter den Fotos von Kindern, Frauen und Männern seinen Vater Isaac und Onkel Max. Wie auch Shiri Lupowich-Moses vervollständigt er die Namen unter den Bildern. Denn die Erinnerung bleibt. Silke Arends

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025