Entschädigungsgesetz

Warten auf Warschau

von Jan Opielka

Das polnische Ministerium des Staatsschatzes hat einen Gesetzentwurf über die finanzielle »Genugtuung« von Enteignungsopfern der Jahre 1944 bis 1962 vorgelegt. Im Raum stehen 20 Milliarden Zloty (rund 5,8 Milliarden Euro). Das Geld soll über einen Fonds an die Geschädigten und ihre Erben ausgezahlt werden, gestreckt über einem Zeitraum von 15 Jahren. Anspruchsberechtigt sind Personen, die zum Zeitpunkt der Enteignung polnische Staatsbürger waren. Das Gesetz umfasst aber aus- drücklich auch Immobilien, die bereits nach der Okkupation Polens 1939 von den deutschen Nazis konfisziert wurden und die später das kommunistische Polen übernahm – dies trifft häufig bei polnischen Juden zu.
Warschau, wo vor dem Krieg ein Drittel der Bewohner Juden waren, wird in dem Gesetz ausgeschlossen. Die Hauptstadt werde später ein eigenes entsprechendes Gesetz vorlegen, dies sei wegen der besonderen Problematik von Enteignungen in Warschau nicht anders möglich, heißt es in der Begründung der Gesetzesvorlage.
Der aktuelle Entwurf wird diesen Monat dem polnischen Kabinett vorgelegt. Im November soll die Vorlage im Parlament eingebracht werden, Anfang kommenden Jahres könnte das Gesetz in Kraft treten. Doch ob die Vorlage durchgehen wird, ist fraglich. Die oppositionelle Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski wollte zwar noch keine Stellungnahme abgeben, doch ist vor allem von dieser national-konservativen Seite Widerstand zu erwarten. Bereits in den ver- gangenen Jahren gab es Anläufe für ähnliche Gesetzesvorhaben, doch alle scheiterten.
Auch die neue Gesetzesvorlage steht in der Kritik. So begrüßt der Vorsitzende des Landesverbandes der jüdischen Konfessionsgemeinden, Piotr Kadlcik, zwar grundsätzlich ein entsprechendes Gesetz, doch sei die veranschlagte Summe »bei Weitem nicht ausreichend«, sagte er der Jüdischen Allgemeinen. Kadlcik hob hervor, dass entgegen der allgemeinen Wahrnehmung lediglich rund 14 Prozent der Anspruchsberechtigten jüdischer Herkunft seien. Ein großes Problem sei nämlich, dass die Mehrheit der einst enteigneten polnischen Juden während der Schoa ermordet wurde und häufig auch keine Nachfahren hinterließ.
Auch andere Stimmen der Kritik sind zu hören. Miroslaw Szypowski, Vorsitzender der Polnischen Union der Immobilienbesitzer (PUWN), verweist darauf, dass 70 Prozent der enteigneten Immobilien immer noch dem Staat gehören. »Daher sollte die Rückgabe auch in natura erfolgen«, sagte er. Vorgesehen allerdings ist grundsätzlich eine Entschädigung in Geldform. Den Wert der von den deutschen Besatzern und polnischen Kommunisten 1939 bis 1962 enteigneten Vermögen und Immobilien schätzt das Schatzministerium auf rund 100 Milliarden Zloty (29 Milliarden Euro). Die veranschlagten 5,8 Milliarden Euro für die Zahlung im Rahmen des geplanten Gesetzes entsprechen damit nur rund 20 Prozent des einstigen Werts – eine »Genugtuung« der Opfer, keine wirkliche Entschädigung.
Polen ist das einzige Land in Mittel- und Osteuropa, das bislang noch keine Entschädigungsregelung gefunden hat. Der Präsident des World Jewish Congress, Ronald S. Lauder, bekräftigte bei einem Treffen mit Regierungschef Donald Tusk die Forderung, Polen müsse endlich ein Entschädigungsgesetz auf den Weg bringen.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025