Alija

»Wann, wenn nicht jetzt?«

von Christine Schmitt

»Ich bin stolz auf dich – aber nur bis Dienstag.« Das hörte Joseph Bali beim Abschiedsspiel von seinen Freunden, als er als Torwart einen Elfmeter sicher gehalten hat. »Schön war die Fußballpartie«, sagte der 32jährige. Viele seiner Freunde und Rabbiner Yitshak Ehrenberg waren gekommen, um gemeinsam noch einmal zu kicken und Spaß zu haben. Am Sonntag lief Joseph Bali noch mit 15 Freunden dem Fußball auf dem Sportplatz von Makkabi am Eichkamp hinterher. Zwei Tage später, am Dienstag, stieg er in das Flugzeug, um nach Israel zu fliegen und dort zu bleiben. Seit acht Jahren weiß er, daß er Alija machen will. Damals war er zum ersten Mal in Israel und spürte, daß das seine Heimat ist.
Nun hat er Berlin hinter sich gelassen. »Ich weiß, daß ich das Richtige tue. Ich habe keine Zweifel, ich verspüre nur Freude und null Wehmut«, sagt Bali. Und gerade jetzt sei der richtige Zeitpunkt, denn »das Land braucht mich nun besonders«. Er sei in seinem Glauben so gefestigt, daß er keine Angst spüre. Aber viele fragten ihn, warum er ausgerechnet jetzt in Kriegszeiten nach Israel gehe. Das wiederum verwundert ihn.
Sorgen um seine Zukunft macht sich Joseph Bali keine. Erst einmal wird er einen Sprachkursus in Jerusalem absolvieren, der etwa sechs Monate dauern wird. Er hofft, daß er so Hebräisch perfekt lernen wird. Daneben will er versuchen, in der Filmproduktion mitzuarbeiten. »Mein Traum wäre es, religiöse Themen zu verfilmen«, sagt der 32jährige. Die Unterstützung, die der Staat Israel bietet, wenn man Alija machen will, sei einfach »einzigartig«. Die Kosten des Flugtickets und des Sprachkursus werden vom Staat übernommen. Es sei dann die fünfte Sprache, in der er sich verständigen kann.
In Istanbul verbrachte er seine ersten sechs Lebensjahre. Dann zog er mit seinen Eltern und seinen drei Brüdern nach Heidenheim an der Brenz in Süddeutschland. Dort lernte er Deutsch. Später ging er mit der Familie nach Göppingen und absolvierte dort seinen Schulabschluß, um schließlich in Stuttgart Schauspiel zu studieren. »Aber ich konnte letztendlich nicht richtig als Schauspieler arbeiten, weil ich mich an die jüdischen Regeln halten will.«
In die Hauptstadt kam er vor vier Jahren. In seinem letzten Berliner Jahr hatte er als Maschgiach die jüdischen Schulen und ein Restaurant betreut.
Von seiner Arbeit hat er sich nun verabschiedet, eine letzte Party gegeben und seine Eltern in Süddeutschland noch einmal getroffen. »Sie werden mich in Israel besuchen kommen«, so Joseph Bali. Sie seien schon sehr traurig darüber, daß die Entfernung zu ihrem Sohn noch größer wird. »Supertraurig« seien auch seine Freunde, da sie ihn »nun eine Weile nicht sehen werden«. Daß einige sich ebenfalls zur Alija entschließen werden, daran glaubt er nicht.
»Es fällt mir schwer, ihn loszulassen«, sagt Yitshak Ehrenberg über Joseph Bali. Der Rabbiner hat in den neun Jahren, die er mittlerweile an der Synagoge Joachimstaler Straße wirkt, etwa 30 Familien und Einzelpersonen betreut, die sich entschlossen haben, Alija zu machen.
Aber daß sich alle zum Abschied zu einem Fußballspiel treffen, das habe Ehrenberg noch nie erlebt. »Am Anfang war er der beste Spieler«, sagt Joseph Bali über den Rabbiner. Immerhin hatte er mehrmals das Leder im Netz versenkt. Als Ergebnis habe es ein gerechtes Unentschieden gegeben, da jede Mannschaft einmal verloren und gewonnen hat. Aber der Spielausgang war so unwichtig, daß Joseph Bali erst einmal nachfragen mußte, um ihn zu erfahren. Ein paar Tore habe er auch geschossen.
Das Fußballspiel hat allen soviel Spaß gemacht, daß nun regelmäßig Sport angeboten werden soll und zwar Basketball. Einmal wöchentlich wird es demnächst in der Oranienburger Straße um Punkte und Korbleger gehen. Eingeladen sind alle, die Lust dazu haben. »Aber ohne mich, ich bin dann schon weg«, sagt Joseph Bali. »Ich bin stolz auf ihn«, meint Rabbiner Yitshak Ehrenberg. Und zwar auch über den Dienstag hinaus.

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