Ehud Olmert

Verwickelt

von Wladimir Struminski

Ehud Olmert läuft vor Problemen nicht davon. Er sitzt sie aus. Etwa den Libanonkrieg, den er laut dem von ihm selbst in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht »ohne nachzudenken« befohlen hat. Oder die polizeilichen Ermittlungen in gleich vier Korruptions- und Machtmissbrauchsaffären, in die er verwickelt gewesen sein soll. In einem dieser vier Fälle wurde die Akte bereits mangels Beweisen geschlossen; in den übrigen drei schleppen sich die Ermittlungen dahin.
Die größte Bewährungsprobe seines Aussitztalents steht Olmert aber anscheinend noch bevor. In der vergangenen Woche ließ die israelische Polizei verlauten, gegen den Premier werde in einem weiteren, fünften Fall ermittelt. Am Freitag wurde Olmert mit einer Vorwarnzeit von nur zwei Tagen verhört. Polizeioffiziere ließen gegenüber den Medien durchsi-ckern, die Affäre sei »schwerwiegend«. Es läge auch überzeugendes Beweismaterial vor. Trotz ihrer eigenen Indiskretionen erwirkte die Polizei, und zwar gegen Olmerts Willen, ein gerichtliches Veröffentlichungsverbot für alle Details der Affäre und schuf damit einen fruchtbaren Nährboden für Spekulationen. Eines der wenigen freigegebenen Details: Ein ausländischer Zeuge wurde bereits vorsorglich vor Gericht befragt. Dieses Verfahren wird angewandt, wenn das spätere Erscheinen des Zeugen nicht als sicher gilt.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, Olmert werde die illegale Annahme von Wahlspenden in den Jahren 1999 und 2002 zur Last gelegt. Damit würde sich Olmert nicht von vielen anderen Spitzenpolitikern unterscheiden. Die wirklich wichtige Frage lautet, ob die Polizei dem Premier persönliches Verschulden nachweisen kann. Ist dies der Fall, wären die Anklageerhebung und damit der Rücktritt des Regierungschefs unvermeidlich.
Die Opposition wittert Morgenluft. Der Fraktionschef des Likud, Gideon Saar, forderte Olmerts Rücktritt. Es sei unannehmbar, dass Olmert »zwischen einem Verhör und einem anderen« existenzielle politische Entscheidungen treffe, sagte Saar. Selbst Parteifreunde zeigen sich bei der Unterstützung für den belagerten Premier zurückhaltend. »Ich habe großes Vertrauen in die Organe der Rechtspflege«, bekundete Außenministerin Zipi Livni. Wohl kann Olmert gegebenenfalls versuchen, das Ende seiner politischen Karriere hinauszuzögern, etwa durch eine Sonderanhörung, auf die er als Premierminister Anspruch hat. Nur: Gerät die Koalition einmal ins Wanken, kommt es unweigerlich zu Absetzbewegungen. Bereits vor der jüngsten Affäre verließen drei Knessetmitglieder der Rentnerpartei die Koalition, die jetzt aus nur noch 64 der 120 Abgeordneten besteht.
Der orthodoxen Schas ist Olmerts Friedenskurs ohnehin ein Dorn im Auge. Sie sehnt sich nach einem stramm rechten Regierungsbündnis. Mit einem solchen könnte Oppositionsführer Benjamin Netanjahu beim Zerfall der heutigen Regierung dienen und ein rechtsreligiöses Kabinett zusammenschmieden – sei es durch ein konstruktives Misstrauensvotum, sei es durch Neuwahlen. Umfragen zufolge würden die rechten und die religiösen Parteien bei einem vorgezogenen Urnengang auf rund 70 Mandate kommen. Damit käme der jetzt schon kraftlose Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern endgültig zum Stillstand. Netanjahu hat jüngst unmissverständlich klargemacht, dass er einen Rückzug aus großen Teilen des Westjordanlandes ablehne. Auch die Chancen auf einen Ausgleich mit Syrien wären fürs Erste vom Tisch.
Ans Aufgeben denkt Olmert jedoch nicht. Vielmehr versicherte er seinen Ministern bei der jüngsten Kabinettssitzung: »Ich werde meine Amtspflichten weiterhin erfüllen.« Dennoch: Im Schatten des neuen Verdachts sind ihm große politische Sprünge nicht möglich. Daher forderte die Tageszeitung Haaretz: »Die Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten müssen ohne Verzögerung zu Ende geführt werden.« So oder so.

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

 12.12.2024

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024

Berlin

Nach dem Sturz von Assad: Wie geht es nun weiter für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland?

von Anne-Béatrice Clasmann  09.12.2024

Ausstellung

Projekt zu verlorenen Büchern aus der NS-Zeit erreicht Israel

Ausstellungseröffnung am Montagabend in Tel Aviv

 09.12.2024

Israel

Netanjahu beginnt Aussage in seinem Korruptionsprozess

Die Anwälte des Ministerpräsidenten hatten sich wegen der Kriegszustände in der Region vergeblich um einen längeren Aufschub seiner Aussage bemüht

 09.12.2024

Nahost

Machtwechsel in Syrien: Was wir wissen - und was nicht 

von Martin Romanczyk  08.12.2024