Bosnien-Herzegowina

Vereinigte Minderheiten

von Veronika Wengert

Gründe, warum sich Juden und Muslime in Europa einander annähern sollten, gibt es viele. Zumindest für Reisu-I-Ulema Mustafa Ceric, Oberhaupt der islamischen Gemeinschaft für Bosnien-Herzegowina und die übrigen Nachfolgerepubliken Jugoslawiens. Einer davon ist, dass man das gemeinsame Los teile, hier eine Minderheit zu sein. Europa sei jedoch nicht nur ein christlicher Kontinent. Vielmehr hätten Juden und Muslime Bedeutendes zur hiesigen Kultur beigetragen und sollten daher auch gemeinsam am Erhalt der europäischen Zivilisation arbeiten, sagt Ceric.
Dass es sich dabei nicht nur um leere Worte handelt, hat der Geistliche nun demonstriert. Zusammen mit dem Direktor des jüdischen Kulturfestivals »Bejahad«, Vladimir Šalamon aus dem kroatischen Zagreb, hat er einen Appell unterzeichnet: »Gemeinschaft durch Kultur«, lautet das Motto. Durch kulturelle Projekte wolle man Toleranz beweisen und Vorurteile und Unwissen abbauen, heißt es in dem Appell, der vor Kurzem in Zagreb vorgestellt wurde. Bei der Präsentation waren mehr als 100 jüdische oder muslimische Gäste anwesend.
Das Geschehen im Nahen Osten und die langwierigen Zusammenstöße zwischen Israel, den arabischen Ländern und Palästinensern hätten Spannungen zwischen Juden und Muslimen in vielen Teilen der Welt ausgelöst. In Europa habe sich der Wunsch zum Dialog und zur Zusammenarbeit jedoch erhalten, heißt es in dem Appell. Man könne zwar auf die Entwick- lungen im Nahen Osten kaum Einfluss nehmen, allerdings dazu beitragen, dass Spannungen in Europa abgebaut werden. Es handle sich allerdings um einen langen Prozess, bei dem Weisheit und Geduld die Hauptrolle spielen, heißt es weiter.
Vereinbart wurde der Appell bereits im September, im Rahmen des Bejahad-Festivals, das alljährlich auf der kroatischen Insel Hvar stattfindet. Die einwöchige Veranstaltung versammelt vorwiegend Juden aus dem ehemaligen Jugoslawien. Viele von ihnen leben heute in aller Welt – in Kanada, Neuseeland oder Deutschland. In diesem Jahr war die muslimische Gemeinschaft zu Gast, die ihre Kultur einen Tag lang präsentiert hat. Traditionell eröffnet wird das Festival vom kroatischen Staatspräsidenten Stipe Mesic.
Der Appell sei unterzeichnet, nun stünden konkrete Projekte bevor, sagt Festivaldirektor Šalamon. Diese sollen beim kommenden Bejahad-Festival vorgestellt wer- den, das Ende August erstmals im mondänen kroatischen Seebad Opatija stattfinden könnte, da viele Hotels auf Hvar im kommenden Jahr saniert werden und die Kapazitäten begrenzt sind. Erwartet wird dabei der ungarische Intellektuelle György Konrad, der gemeinsam mit Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk auftreten soll. Geplant sind zudem Theaterstücke, Buchpräsentationen und Ausstellungen jüdischer und muslimischer Künstler.
Eigens gegründet werden soll eine Band um die Wiener Tina Brauer und Elias Meir. Das jüdische Paar wird dabei mit einem weiteren Juden und drei Muslime auftreten. »Mediterranen Ethnosound«, verspricht Šalamon. Damit die Projekte jedoch nicht nur auf ein kleines Publikum begrenzt bleiben, wolle man erfolgreiche Vorhaben auch anderswo in Europa präsentieren.
Reisu-I-Ulema Ceric hat den Appell zwischenzeitlich auch – bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten –vorgestellt. Nicht ohne Bedenken, wie er zugibt. Dabei sei er überrascht gewesen, auf wie viel Unterstützung die Idee bei seinen Gesprächspartnern gestoßen sei. Man habe dort verstanden, dass sich Juden und Muslime in Europa gemeinsam gegen Antisemitismus und Islamophobie verbünden müssten, sagt Ceric.

Bulletin

Terrorangriff in Sydney: 20 Verletzte weiter im Krankenhaus

Fünf Patienten befinden sich nach Angaben der Gesundheitsbehörden in kritischem Zustand

 17.12.2025

Terror

Polizei: 9 Tote bei Angriff in Sydney

Was bislang bekannt ist - und was nicht

 14.12.2025

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025