Medizinethik

Tod durch Timer

Itay Arad konnte nicht einmal eine Fliege von seiner Nasenspitze vertreiben. Der ehemalige Kampfpilot der israelischen Luftwaffe litt an amyotropher Lateralsklerose, also Muskelschwund. Nach wenigen Monaten konnte er nur noch seine Augen bewegen. Zum Atmen war der 47-Jährige auf Hilfe angewiesen. »Ein verletztes Tier wird von seinen Qualen erlöst«, schrieb er in einem Abschiedsbrief, den er mit seinen Augen diktierte. »Ich möchte, dass mir dasselbe Maß an Fairness und Erbarmen zuteil wird.« Arad wollte sterben.
Sterbehilfe ist im jüdischen Glauben und im israelischen Zivilrecht verboten. In Israel, wo ein großer Teil der Gesetzgebung auf jüdischer Tradition basiert, waren Ärzte lange Zeit dazu verpflichtet, das Leben ihrer Patienten ungeachtet der Kosten für Gesellschaft und Betroffene zu verlängern. Für Arad fand man jedoch erstmals einen Ausweg: Im Jahr 1998 wurde sein Beatmungsgerät per Gerichtsurteil abgestellt, er erlag seiner Krankheit.
Seit 2006 erlaubt ein Gesetz sterbenden Kranken, ihre Ärzte anzuweisen, Hilfeleistungen zu unterlassen. So können Ärzte Beatmungsgeräte nicht anschließen oder sogar abschalten, wenn die Bitte bei klarem Verstand ausgesprochen wurde, der Patient leidet und nur noch kurze Zeit zu leben hat. »Dabei werden die Beatmungsgeräte mit einem Timer ausgestattet, der in gewissen Zeiträumen neu eingestellt werden muss. So wird die Behandlung theoretisch nicht unterbrochen, sondern einfach nicht erneuert. Die Krankheit nimmt dann ihren von Gott vorbestimmten Lauf«, erklärt der Neurologe Avinoam Reches vom Jerusalemer Hadassah Hospital die Regelung, die im Einvernehmen mit Rabbinern aufgestellt wurde.
Reches, der dem Ethikausschuss des israelischen Ärzteverbands vorsteht, gilt als Vorkämpfer des Rechts auf einen würdevollen Tod. Trotz des Fortschritts ist er mit der gesetzlichen Lage nicht zufrieden und klagt: »Wir befinden uns in einer absurden Situation, denn wir diskriminieren jene, deren Überleben nicht von Geräten abhängig ist.« Krebskranke müssen weiter dahinsiechen, weil passive oder aktive Sterbehilfe in Israel verboten bleiben.
Otniel Schneller, religiöser Abgeordneter der Regierungspartei »Kadima«, hat in Zusammenarbeit mit Rabbinern, Ärzten und Parlamentariern unlängst erreicht, dass der Gehirntod für relevant erklärt wurde. Bevor Schneller seine Initiative durchsetzte, galten Herzschlag und At-
mung als Lebenszeichen, was Transplantationen erschwerte oder unmöglich machte. Er schließt nicht aus, dass eines Tages Sterbehilfe in den Konsensus der Rabbiner gelangen könnte: »Der Fortschritt in der Medizin macht auch Anpassungen an die Religion erforderlich«, sagt Schneller.
Gil Yaron

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025