Paul Celan

Tochter Zions

von Marina Maisel

Vor Kurzem erhielt Ilana Shmueli in Krems an der Donau den Theodor-Kramer-Preis für das Schreiben im Widerstand und im Exil. Der Theologe und Philosoph Matthias Fallenstein hielt die Laudatio. Das Münchner Lyrik-Kabinett in der Amalienstraße hat nun die Preisträgerin eingeladen. Nach einer Einführung von Matthias Fallenstein trug Ilana Shmueli ihre Gedichte vor und erinnerte sich an die Begegnungen und die Freundschaft mit Paul Celan. Die Veranstaltung wurde durch die Kooperation zwischen dem Kulturzentrum der IKG, dem Goethe-Institut und dem Lyrik-Kabinett ermöglicht.
Czernowitz, in dem Ilana Shmueli 1924 als Liane Schindler geboren wurde und aus dem ebenfalls Paul Celan stammt, wurde 1941 zerstört. »Unsere Welt brach zusammen«, erinnert sich Shmueli, »ein Jahr sowjetische Herrschaft, danach Einmarsch der Deutschen, Ghetto, Deportationen, Hinrichtungen.« Ilana Shmueli flüchtete nach dem Czernowitzer Ghetto über Constanza und Istanbul nach Palästina. Dort studierte sie Musikerziehung, Sozialpädagogik und Kriminologie und arbeitete lange Zeit in Tel Aviv.
21 Jahre später trifft Ilana Shmueli ihren Jugendfreund Paul Celan am 11. September 1965 in Paris wieder. Bei dieser Begegnung wiederholten sie die Gedichte, dachten an Musik, die sie zusammen gehört hatten, dachten an ihre verbotenen Spaziergänge im Park und an ihr gemeinsames Lesen. Ilana Shmueli bewundert Paul Celan, da »es ihm gelang, mich zu einem eigenen selbstständigen Denken zu bringen«. Celan zeigte Shmueli Paris. Sie verspricht ihm dafür Jerusalem zu zeigen. Tatsächlich spazierten die beiden schon am 5. und 6. Oktober 1969 durch Jerusalem. »Er nannte mich ›die Tochter Zions’«, erinnert sich Shmueli. Nach dieser Begegnung fuhr Celan zurück nach Paris »um sein Schicksaal als wandernder Jude weiter zu leben. Er glaubte an dieses Schicksal«, so Shmueli. In dieser Zeit beginnen sie einen sehr intensiven Briefwechsel. »Diese Gedichte und Briefe sollten uns eine kleine Möglichkeit in der großen Unmöglichkeit schaffen«, beschreibt Ilana Shmueli die Bedeutung dieses Briefwechsels.
Erst 20 Jahre nach der Wiederbegegnung mit Paul Celan beginnt Ilana Shmueli »trotz großer Unsicherheiten und großer Scheu« eigene Gedichte zu schreiben. »Die Begegnung mit Celans Dichtung hat mich mir nähergebracht, zum eigenen Teil meines Denkens«, erklärte die Dichterin. Ihre Aufzeichnungen »Sag, dass Jerusalem ist« erscheinen 1999 auf Hebräisch, und enthalten auch die Übersetzung von 27 Gedichten Celans. Der Briefwechsel mit Paul Celan wird 2004 im Suhrkamp Verlag veröffentlicht. Zwei Jahre später folgen im Rimbaud-Verlag ihre Erinnerungen »Ein Kind aus guter Familie« und zuletzt im Jahr 2007 der Gedichtband Zwischen dem Jetzt und dem Jetzt.
»Lass mich sprechen/ die erste werde ich nicht sein/ und nicht die letzte/doch lass mich/ lass mich sprechen/ ohne Meister.«, trägt mit ruhiger und tiefer Stimme Ilana Shmueli ihre Verse vor. Bevor sie ihre Bücher signierte, wurde ein Ausschnitt aus dem Dokumentarfilm »Der Klang der Worte« von Gerhard Schick gezeigt. Es wird über die Jerusalemer Gruppe Lyris erzählt, deren Mitglieder, deutschsprachige Exilanten in Israel, ihre literarischen Werke in ihrer Muttersprache präsentieren. Ilana Shmueli ist ein Mitglied dieser Gruppe.

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