München Jakobsplatz

Sinn, Steine, Scheine

von Annette Lübbers

»Kaum jemand hierzulande versteht die jüdische Religion«, sagt Alfred Jacoby. Deshalb sei das Bauen einer Synagoge ein sinngebendes Mittel. Der jüdische Architekt baute vor einigen Jahren in Chemnitz bereits seine neunte Synagoge, auch beim neuen Gemeindezentrum in München war er als Berater beteiligt. Ihm ist wichtig, daß seine Synagogen eine Botschaft vermitteln: »Anders als in Israel oder den USA findet in Deutschland eine Identifizierung über die Architektur statt. Wir sind ein Teil der Gesellschaft, und das soll deutlich zutage treten.«
Muß der Architekt einer Synagoge selbst Jude sein? Offenbar nicht, wie jüngste Beispiele belegen. »Wenn ein Atheist eine Kirche bauen kann, dann sollte ein nichtjüdischer Architekt auch eine Synagoge bauen können«, sagt der Saarbrücker Architekt Wolfgang Lorch. Sein Büro Wandel Hoefer Lorch und Hirsch stand am Münchner Jakobsplatz nicht zum ersten Mal vor der Herausforderung, einer Synagoge Gestalt und Inhalt zu geben. Vor einigen Jahren entstand nach seinen Plänen in Dresden ein jüdisches Gemeindezentrum mit Synagoge. »Wir haben uns damals in Dresden sehr bewußt entschieden, keine Rekonstruktion der alten Semper-Synagoge zu versuchen. Das hätte eine Kontinuität vorgespielt, die geschichtlich nicht gegeben war. Wir wollten ein modernes Bauwerk, das Tempel und Welt, das Dauerhafte und das Fragile verbindet und dabei an das Stiftszelt der Israeliten erinnert«, sagt Wolfgang Lorch. »Wir haben uns in der Auseinandersetzung mit dem Judentum eine eigene Position erarbeitet, die unumgänglich ist, wenn man letztendlich die richtigen Antworten geben will. Ein solch programmatischer Bau wird allerdings gleichermaßen bestimmt vom Vertrauen, das der Bauherr dem Architekten entgegenbringt.«
Daß man als Architekt einer Synagoge nicht notwendigerweise einen jüdischen Hintergrund braucht, meint auch Hans Christoph Goedeking vom Wuppertaler Architektenbüro Goedeking & Schmidt: »Bis wir den Zuschlag für die Bergische Synagoge in Wuppertal erhielten, war mein Büro eher auf Kirchen spezialisiert.« Die Planungsphase sei für ihn eine Entdeckungsreise gewesen.
Wie stark in Deutschland der Neubau von Synagogen auch vom Engagement politischer Entscheidungsträger abhängt, zeigt die Baugeschichte der neuen Synagoge in Chemnitz. Peter Ambros, stellvertretender Vorsitzender der dortigen jüdischen Gemeinde, erzählt: »Auf der einen Seite stand damals unser Ehrenvorsitzender Siegmund Rotstein, der kurz vor seiner eigenen Barmizwa hatte erleben müssen, wie die alte Chemnitzer Synagoge 1938 zerstört wurde. Auf der anderen Seite gab es den Oberbürgermeister Peter Seifert, der nach einem Besuch der Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem verändert in seine Stadt zurückkam. Von da an bemühte sich der Politiker sehr um die Wiederbelebung der jüdischen Gemeinde in Chemnitz und um ihr Sichtbarwerden in der Stadt.« Die heute etwa 600 Mitglieder zählende Gemeinde – zum Ende der DDR-Zeit lebten noch fünf Juden in der sächsischen Industriestadt – einigte sich 1998 darauf, den erfahrenen Architekten Alfred Jacoby mit dem Bau zu beauftragen. Zwei Drittel der Baukosten übernahm der Freistaat Sachsen, ein Drittel die Stadt Chemnitz. Die jüdische Gemeinde brachte das Grundstück ein.
»Der damals gegründete Förderverein wurde von den Bürgern der Stadt sehr stark unterstützt«, sagt Ambros. Die Gemeinde selbst sei arm und habe wenig beitragen können. »Wahrscheinlich hätten unsere eigenen Finanzmittel nur für die Zedernholzbuchstaben auf der Fassade gereicht.« Ambros und seinen Kollegen wäre zu guter Letzt die Freude beinahe vergangen. »Als wir die Synagoge im Mai 2002 eröffneten, hatten wir eine Finanzierungslücke von 700.000 Euro. Wir mußten damals betteln gehen. Und dann kam im August die große Flut an Elbe und Mulde. Ohne die Hilfe der Stadt und des Landes hätten wir es nicht geschafft.«
Noch ganz am Anfang steht ein Synagogenbauprojekt in Potsdam (vgl. auch Hauptteil, S. 19). Das Land Brandenburg hat den Bauplatz zur Verfügung gestellt, die Stadtverwaltung hat sich – noch inoffiziell – bereit erklärt, die Abrißkosten für den derzeitigen Plattenbau am Neuen Markt zu übernehmen. Nun versucht ein Bauverein, die Kosten für den notwendigen Architekturwettbewerb aufzubringen. »Wir müssen damit rechnen, daß allein der Architektenwettbewerb 100.0000 Euro kosten wird«, erklärt der Vorsitzende des Synagogenbauvereins, Horst-Dieter Weyrauch, der auch Verwaltungsleiter der Stadt Potsdam ist. »Wir haben ein funktionierendes, tragfähiges Netzwerk aufgebaut.« Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde mache ihm Freude, sagt er. »Ich spüre ein großes Maß an Dankbarkeit für unsere gemeinsamen Anstrengungen.«

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