Zuwanderer

Projekt Ankunft

von Holger Biermann

Nicht alle gehören dazu. Von den rund 1.000 Zuwanderern, die seit 1990 als sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge nach Potsdam kamen, sind nur rund 380 Mitglieder der jüdischen Gemeinde der Stadt geworden. Wie kann man auch denen, die der Gemeinde nicht angehören, bei der Integra- tion in Deutschland helfen? In Potsdam fand man vor knapp vier Jahren eine Antwort darauf und gründete das Kultur-, Integrations- und Beratungszentrum KIBuZ.
Untergebracht ist das KIBuZ an der Berliner Straße in jenem Haus, in dem bis zum Jahr 2003 die jüdische Gemeinde ihren Sitz hatte. Dort kümmert sich Nikolai Epchteine (67) mit zwei fest angestellten Mitarbeitern und zehn freiwilligen Helfern, Freunden und Schüler-Praktikanten um die Sorgen, Fragen und Interessen der jüdischer Zuwanderer. »Aufgrund ihrer Herkunft können etliche von ihnen nicht Mitglieder der Gemeinde werden. Und manche wollen es auch einfach nicht. Für die sind wir da.«
Finanziert wird das KIBuZ von der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWSt). Das Programm ist vielseitig. Neben Beratung und Hilfe bei Behördengängen gibt es Sprach- und Computerkurse sowie verschiedene Arbeitszirkel über die jüdische Küche ebenso wie über jüdische Literatur. Angeboten werden auch Konzerte, Ausstellungen und Vorträge. »Zu unseren Konzerten und zu Veranstaltungen, zu denen wir Schriftsteller, Politiker oder Regisseure einladen, kommen oft auch viele deutsche Gäste«, sagt Epchteine. »Im Monat zählen wir rund 600 bis 700 Leute – und das, obwohl der größte Raum im Haus höchstens 40 Mann fasst, allerdings nur, wenn wir aufeinandersitzen.« Wenn das Wetter mitspielt, weicht man deshalb beim KIBuZ gern auf die Wiese hinter dem Haus aus oder verlegt größere Veranstaltungen in den benachbarten Saal einer christlichen Einrichtung. Doch am engsten wird mit der jüdischen Gemeinde der Stadt zusammengearbeitet. Jüdische Feste und Feiertage richten KIBuZ und Gemeinde gemeinsam aus, so auch Anfang des Monats das Purimfest. »Die Beziehungen zur Gemeinde sind gut« sagt Nikolai Epchteine, der vor einigen Jahren sogar selbst Gemeindevorsitzender war. Vladimir Genkin, der heutige Chef der Jüdischen Gemeinde Potsdam, bestätigt das gute Miteinander der beiden Einrichtungen. »Selbstverständlich arbeiten wir gut mit dem KIBuZ zusammen, und das schon seit Jahren.« Er könne sich vorstellen, die Zusammenarbeit sogar noch auszubauen.
Das neuste Projekt des KIBuZ ist ein jüdisches Museum. Einen kleinen Raum dafür gibt es bereits, die Umsetzung allerdings ist noch nicht ganz abgeschlossen. »Wir wollen unseren Leuten zeigen, was hier vor uns war«, sagt Epchteine. »Sie sollen etwas erfahren vom blühenden Gemeindeleben früher.« Heute sind alle Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Potsdam Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. »Viele fragen sich: Wer sind wir, und warum sind wir eigentlich gekommen?«, so Epchteine, der 1996 aus Moskau kam und in Potsdam zuletzt als Dolmetscher und Wachmann in den Schlossgärten von Sanssouci arbeitete.
Das Museum soll ein Platz der Kommunikation und des Kennenlernens werden, aber auch ein Platz, um sich zu sammeln. »Gerade in dieser Zeit, die für viele von uns – besonders für die Älteren – nicht so einfach ist.« Geplanter Eröffnungstermin ist der Herbst dieses Jahres.

Bulletin

Terrorangriff in Sydney: 20 Verletzte weiter im Krankenhaus

Fünf Patienten befinden sich nach Angaben der Gesundheitsbehörden in kritischem Zustand

 17.12.2025

Terror

Polizei: 9 Tote bei Angriff in Sydney

Was bislang bekannt ist - und was nicht

 14.12.2025

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025