Kiew

Pessach im Schatten des Krieges

Der vergangene Freitagabend markierte für Jüdinnen und Juden weltweit den Beginn von Pessach – auch im kriegsgebeutelten Kiew. In diesem Jahr bringt die Organisation der Festlichkeiten jedoch außergewöhnliche Herausforderungen mit sich.

Von den einstmals etwa 30.000 Juden Kiews seien fast zwei Monate nach der Invasion Russlands nur noch wenige Tausend in der ukrainischen Hauptstadt verblieben, schätzt Aviran Farin, der Pressesprecher von Jonatan Markowytsch, dem Oberrabbiner von Kiew.

schoa-überlebende »Ein großer Teil von ihnen ist sehr alt und krank, darunter viele Schoa-Überlebende«, sagte Farin der Jüdischen Allgemeinen. Von Israel aus koordinieren er und Rabbiner Markowytsch Hilfe für die jüdische Gemeinschaft von Kiew. Auch während des acht Tage dauernden Pessachfestes stehen sie in engem Kontakt mit den Jüdinnen und Juden in der Stadt.

»Kiew wurde in den letzten Tagen wieder bombardiert, die Menschen können sich nicht frei bewegen.«

Aviran Farin, Chabad Kiew

Farin betont, dass, obwohl sich die russischen Truppen aus dem Gebiet um Kiew zurückgezogen haben, die Region immer noch nicht sicher sei. »Kiew wurde in den letzten Tagen wieder bombardiert, die Menschen können sich nicht frei bewegen.«

Hinzu komme, dass sich die Versorgungslage weiter zugespitzt habe – es sei aktuell schwierig, an alltägliche Lebensmittel oder Medikamente heranzukommen. Dennoch habe zu Pessach die jüdische Gemeinschaft der Stadt das Beste aus der Situation gemacht, sagt Farin: »Sie haben, so gut es unter diesen Umständen ging, gefeiert.«

AUSGANGSPERRE Über Kiew und andere ukrainische Städte wurde eine Ausgangssperre verhängt. Weil sie es nach den Feiern nicht mehr rechtzeitig wieder zurückgeschafft hätten, begingen viele ukrainische Juden die ersten Tage von Pessach zu Hause. Dennoch habe es an mehreren Standorten in Kiew auch gemeinschaftliche Sederabende gegeben, sagt Farin. Bei Chabad, einer ultraorthodoxen Bewegung, habe man für einige Mitglieder eine praktische Lösung gefunden: »Ein Teil von ihnen hat im Gemeindehaus von Chabad geschlafen.«

Der Bedarf der jüdischen Gemeinschaft an den für Pessach typischen Lebensmitteln ist dagegen wohl weitestgehend gedeckt. Unter größten Mühen haben zahlreiche jüdische Hilfsorganisationen und unzählige Helfer koschere Lebensmittel in die Ukraine eingeführt. »Wir arbeiten rund um die Uhr, 24/7, um sicherzugehen, dass jeder Mazzen hat«, sagte der Vorsitzende der Vereinigung der jüdischen Gemeinden der Ukraine, Rabbiner Mayer Stambler, am Sonntag im israelischen Nachrichtensender »i24 News«.

»Die Logistik ist sehr schwierig, es gibt überall Checkpoints.«

Rabbiner Mayer Stambler

Zwar sei die heimische Mazzen-Produktion in Kiew wegen des Krieges eingestellt worden, berichtet Stambler, aber durch Importe aus dem Ausland gebe es von dem ungesäuerten Brot dennoch genug, um über die Feiertage zu kommen.

lieferungen »Die Logistik ist sehr schwierig, es gibt überall Checkpoints«, beschreibt der Rabbiner die Situation im Land. Doch zum Glück sei die ukrainische Armee sehr verständig und lasse Lieferungen für das Pessachfest meist ohne Schwierigkeiten passieren. Auf diese Weise habe man Tausende jüdische Haushalte und Gemeinden mit Mazzen und anderen Lebensmitteln versorgen können.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Von den zahlreichen Pessach-Paketen, die von der Vereinigung der ukrainischen Gemeinden in den Tagen vor dem Beginn der Feierlichkeiten verteilt wurden, soll laut Medienberichten eines offenbar auch an Wolodymyr Selenskyj, den jüdischen Präsidenten der Ukraine, gegangen sein. Selenskyj, der sich weiterhin in Kiew befindet, hatte sich am vergangenen Freitag in einer Videoansprache zur Kriegslage auch an die jüdische Welt gewandt.

»Diesen Samstag feiert die jüdische Gemeinschaft Pessach – das Fest der Befreiung, das Fest des Lebens«, sagte der Präsident auf Ukrainisch. Er wünsche allen, die in der Ukraine und der Welt Pessach feierten, »Frieden, Gutes und die unausweichliche Niederlage alles Bösen, das die Freiheit und das Leben auf der Erde bedroht«. Und auf Hebräisch fügte er hinzu: »Chag Pessach Sameach!«

Für die Versorgung der in der Stadt verbliebenen Juden sammelt Chabad Kiew private Spenden.

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025