Jugendzentrumsleiter

Niemals geht man ganz

von Benjamin Hammer

So etwas haben die englischen Fußballfans, die auf einer Wiese am Kölner Rheinufer spazieren gehen, wohl noch nicht gesehen. Rund 120 jüdische Kinder und Jugendliche stehen dort in Hufeisenform und singen die Hatikwa. Es ist der 18. Juni, ein heißer Sonntag in Köln-Rodenkirchen. Zum Ende eines jeden Schuljahres feiern die Jugendzentren des Landesverbandes Nordrhein und der Kölner Synagogen-Gemeinde gemeinsam ein Sommerfest – diesmal in Köln.
Auf der Wiese stehen zwei große blau-weiße Zelte. Einige Männer grillen, aus Lautsprechern klingt israelische Musik. Die Wiese ist groß, etliche Jungen spielen Fußball. Und weil der Rhein längst nicht mehr so dreckig ist wie sein Ruf, springen ein paar Jugendliche ins Wasser. Es ist ein schöner Tag. Die Stimmung ist gut.
»Dieses Schuljahr war das beste, seitdem ich mit dabei bin«, sagt Jugendleiter Jossi Avidor. Der 33jährige ist schon 15 Jahre in der Jugendarbeit aktiv. Heute ist er Jugendreferent beim Landesverband der jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Avidor verweist auf Besucherrekorde im vergangenen Schuljahr, etwa beim Duisburger Jom Jeruschalajim im Mai. Auch funktioniere die Vernetzung zwischen den einzelnen Gemeinden immer besser. »So eine Kooperation ist einzigartig in Deutschland«, sagt Avidor. Es gebe mittlerweile viele freundschaftliche Beziehungen zwischen den Jugendlichen aus den verschie- denen Städten. »Solche Freundschaften braucht das jüdische Leben.«
Einen großen Anteil am Erfolg – das sagen alle auf dieser Wiese – haben Dana Lehrer und Ori Osterer. Dana leitete die Jugendgruppe Tikwatejnu der Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen. Und Ori war der Leiter des Kölner Jugendzentrums Jachad. Beide beendeten Mitte Juni ihr Engagement in der jüdischen Jugendarbeit. »Wir verlieren zwei wichtige Leute«, sagt Jossi Avidor.
»Die Arbeit ist ein Teil von mir geworden«, sagt Dana Lehrer. Die 21jährige studiert Französisch und Literatur in Bochum. Seit eineinhalb Jahren leitet sie das Jugendzentrum in Duisburg. »Es trägt ihre Handschrift«, betont Jossi Avidor. Dana habe etwas aufgebaut, was es vorher nicht gab. Es komme ihr darauf an, jüdischen Jugendlichen zu zeigen, was ihre Wurzeln sind, sagt Dana Lehrer. »Viele kriegen das von ihren Eltern nicht vermittelt.«
Ori Osterer leitete drei Jahre lang das Kölner Jugendzentrum. »Jachad ist heute eines der besten Jugendzentren in Deutschland«, lobt Jossi Avidor. Und: »Ori hat eine fantastische Art, mit Kindern umzugehen.« Der 25jährige studiert Politik und Medienwissenschaften in Bonn. Neben der Jugendarbeit hat er in vielen Städten die Organisation des Israel-Tags im Mai unterstützt. Jüdisches Leben beginne schon in der Kindheit, sagt Ori auf die Frage, warum er sich in der Jugendarbeit engagiert hat. »Wir brauchen in Deutschland endlich eine selbstbewußte jüdische Jugend.«
Noch gibt es keine Nachfolger für die beiden Jugendleiter. Bis jemand gefunden ist, werden die Betreuer, die Madrichim, die Koordination gemeinsam übernehmen. »Das wird schwierig, aber es muß weitergehen«, sagt Jugendreferent Jossi Avidor.
Die englischen Fußballfans ziehen weiter, die Hatikwa geht zu Ende. Dann bekommen fast alle feuchte Augen – auch Ori Osterer. Für ihn ist der Abschied endgültig. »Die Luft ist raus«, sagt der 25jährige. »Ich mache das jetzt seit acht Jahren. Es ist einfach vorbei.« Dana Lehrer kann sich eine Rückkehr in die Jugendarbeit vorstellen. Die gebürtige Kölnerin zitiert ein Lied aus ihrer Stadt: »Niemals geht man so ganz.«

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