Claude Lanzman

Neuneinhalb Stunden

von Jörg Taszman

Claude Lanzmans Dokumentation Shoah von 1985 ist mehr als nur ein Film über den Judenmord. Das Wort »Shoah« löste dank dieses Films den Begriff »Holocaust« ab, der aufgrund des Erfolgs der amerikanischen TV-Serie in den Sprachgebrauch gekommen war. Ein hebräisches Wort stand jetzt für den unfassbaren, industriellen Massenmord an den Juden.
Über zwölf Jahre hat der französische Jude Lanzman an seinem filmischen Schlüsselwerk über das Erinnern gearbeitet, das alle Grenzen der gewöhnlichen Dokumentation sprengt. Shoah ist für Lanzman die »Rehabilitierung der Zeugenschaft«. Das neuneinhalbstündige Monumentalwerk beginnt mit Simon Srebnik dem »singenden Juden« des KZs Chelmno, der nur für Lanzman an den Ort des Leidens zurückkehrt, wo er als »Arbeitsjude« die Leichen der Ermordeten beseitigen musste. Srebnik sollte, wie alle »Arbeitsjuden«, durch Genickschuss getötet werden, doch er überlebte.
Lanzmans Originalität besteht darin, auf Archivmaterial und den allwissenden Off-Kommentar zu verzichten. Die Aussagen seiner Interviewpartner setzt er mit aktuellen Bildern der Orte des Schreckens in einen bildlichen wie akustischen Zusammenhang. Zugewachsen von der Natur, deutet dort heute oft nichts auf die Geschichte von einst hin. Lanzman bricht so auch das Schweigen der Topografie.
Nicht nur Opfer, auch andere Zeugen kommen in dem Film zu Wort, darunter auch Täter. »Merken Sie sich das: Treblinka war ein gut funktionierendes Fließband des Todes«, sagt auf Deutsch Franz Suchomel, der in dem Vernichtungslager SS-Unterscharführer war und wegen Beihilfe zum Mord an 300.000 Menschen 1965 zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde.
Aufgeführt wurde Shoah in Deutschland erstmalig bei der Berlinale 1986. Kurze Zeit später zeigte der WDR das Monumentalwerk an vier Abenden in vier Teilen. Seitdem gab es nur selten Gelegenheiten, die Dokumentation zu sehen; gelegentlich lief sie in Programmkinos oder spät im Fernsehen. Es hat lange gedauert, bis die seit Jahren in Frankreich erhältliche ARTE-DVD-Edition (die übrigens auch deutsche Untertitel hat) nun auch auf dem deutschen Markt über den Anbieter »Absolut Medien« vertrieben wird. Sie kostet 75 € und besteht aus vier DVDs und einem sehr informativen, 24 Seiten starken Booklet, das unter anderem alle Interviewpartner Lanzmans in Kurzbiografien auflistet.

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