Berlin

Nach dem Sturz von Assad: Wie geht es nun weiter für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland?

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat Foto: picture alliance/dpa

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hält es für unseriös, dass manche Politiker in Deutschland wenige Stunden nach dem Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad schon über eine womöglich anstehende Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Deutschland in ihre Heimat spekulieren. »Das Ende der brutalen Gewaltherrschaft des syrischen Diktators Assad ist eine große Erleichterung für viele Menschen, die unter Folter, Mord und Terror gelitten haben«, sagte die Ministerin am Rande eines Besuchs in London.

Viele syrische Flüchtlinge in Deutschland hätten nun endlich wieder eine Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre Heimat und den Wiederaufbau ihres Landes. »Aktuell ist die Lage in Syrien aber sehr unübersichtlich. Deshalb sind konkrete Rückkehrmöglichkeiten im Moment noch nicht vorhersehbar, und es wäre unseriös, in einer so volatilen Lage darüber zu spekulieren«, sagte Faeser.

Auch die weitere Bewertung des Schutzstatus der in Deutschland lebenden anerkannten syrischen Flüchtlinge hänge von der weiteren Entwicklung ab. Das dem Innenministerium unterstellte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte zuvor einen vorübergehenden Entscheidungsstopp für aktuell noch laufende Asylverfahren syrischer Staatsbürger verhängt. Wenn die Lage klarer sei, werde das Amt seine Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen, sagte Faeser.

Unionspolitiker Throm: Auf Abschiebungen nach Syrien vorbereiten

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte: »Ich erwarte vom Bamf, dass es den Status der Syrer zügig widerruft, wenn der Bürgerkrieg vorbei ist.« Viele Syrer dürften zudem bald freiwillig zurückkehren wollen. Das müsse aktiv unterstützt werden, etwa durch Reisebeihilfen und Flüge. Deutschland müsse sich aber auch auf Abschiebungen nach Syrien vorbereiten, denn Flüchtlingsschutz sei grundsätzlich ein Aufenthalt auf Zeit.

AfD-Chefin Alice Weidel sagte dem »Stern«, es stehe außer Frage, dass »bei vielen Personen aus Syrien der Fluchtgrund entfallen« sei – vor allem bei jenen, die angegeben hätten, von der ehemaligen Regierung verfolgt worden zu sein. »Selbstverständlich müssen diese Personen auch zeitnah in ihr Heimatland zurückkehren«, sagte Weidel. Der AfD-Innenpolitiker Martin Hess forderte klare Signale von Deutschland, dass die Zeit des Asyls für die Mehrheit der syrischen Zuwanderer vorüber sei.

Lesen Sie auch

Bei Grünen und Linken stießen solche Forderungen auf Ablehnung. Außenministerin Annalena Baerbock warnte vor zu schnellen Schlussfolgerungen zur sicherheitspolitischen Lage im Land. »Niemand kann an diesem Tag vorhersehen und auch in den nächsten Tagen nicht vorhersehen, wie das in Syrien weitergeht, was es sicherheitspolitisch bedeutet«, sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Besuchs des Logistikzentrums des Deutschen Roten Kreuzes am Flughafen BER in Schönefeld.

Das bedeute auch Unklarheit, »ob weitere Menschen aus der Region fliehen, weil andere Extremisten jetzt ihr Unwesen treiben oder ob Menschen nach Syrien wieder zurückkehren können«, erklärte Baerbock. Es gelte nach diesem ersten Aufatmen für die Menschen in Syrien, alles dafür zu tun, dass die Menschen vor Ort geschützt werden und der Friedensprozess vorankomme.

»Jeder, der jetzt versucht diese Situation in Syrien, dessen Zukunft vollkommen unklar ist, für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen, der hat den absoluten Bezug zur Realität im Nahen Osten verloren«, so Baerbock.

Wer jetzt Abschiebungen nach Syrien forderte, dem gehe es nicht um Frieden und Gerechtigkeit für die Menschen in Syrien, sondern um den »rechten Fiebertraum, Hunderttausende zu deportieren«, empörte sich Clara Bünger, Bundestagsabgeordnete der Linken.

BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte dem »Stern«, diejenigen, die in Deutschland »die Machtübernahme durch Islamisten bejubeln«, sollten möglichst schnell nach Syrien zurückkehren.

Krieg

Zwei Raketen aus Gaza auf Israel abgeschossen

Am Sonntagmorgen wurde Israel aus dem Gazastreifen mit Raketen beschossen. Eine Bekenner-Erklärung gibt es auch

 07.09.2025

Berlin

Uni-Präsidentin rechnet mit neuen »propalästinensischen« Aktionen

Die Präsidentin der Humboldt-Universität, Julia von Blumenthal, rechnet zum Wintersemester erneut mit »propalästinensischen« Aktionen. Dabei seien unter den Beteiligten kaum Studierende

 07.09.2025

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025