Interview

»Mit judenfeindlichen Stereotypen hantiert«

Foto: imago images/Pixsell

Herr Benz, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien soll über die Frage entscheiden, ob die Schriften des Waldorf-Gründers Rudolf Steiner rassistisch sind. Sind sie auch antisemitisch?
Das kann man sicherlich nicht so pauschal beantworten. Man findet eine unendliche Fülle von Zitaten in Steiners Werk, in denen er sich mit Rassen auseinandersetzt und unglaubliche Sachen über »Neger« sagt, aber man kann daraus nicht ohne Weiteres schließen: Das ist antisemitisch.

Die Waldorf-Bewegung weist Antisemitismus-Vorwürfe zurück und sagt, die vermeintlich antisemitischen Stellen seien aus dem Zusammenhang gerissen.
Das sagt man immer, wenn etwas unangenehm ist. Die Waldorf-Bewegung verweist dann auch darauf, dass Steiner mit vielen prominenten Juden befreundet war oder dass jemand aus seinem Umkreis von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt wurde. Aber das beweist gar nichts, außer einem hektischen Eifer, den Führer der Bewegung von jedem Verdacht reinzuwaschen. Das allein ist schon verdächtig.

Steiners Verteidiger argumentieren, er müsse auch rhetorisch im Kontext seiner Zeit gesehen werden.
Adolf Hitler muss auch im Kontext seiner Zeit gesehen werden. Das entschuldigt gar nichts.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer hat festgestellt, dass Ausländerfeindlichkeit bei Waldorf-Schülern seltener vorkommt als bei Schülern staatlicher Schulen.
Ich bin davon überzeugt, dass die Waldorf-Pädagogik sehr viele sehr gute Elemente hat. In einer Waldorf-Schule werden soziale Eigenschaften sicherlich besser trainiert als in manch anderer. Das ist aber keine Entschuldigung dafür, dass der Gründer mit judenfeindlichen Stereotypen hantiert hat, was er zweifellos tat.

Wie sollten die Waldorf-Schulen zukünftig mit den Schriften Steiners umgehen?
Sie sollten einfach der historischen Wahrheit ins Auge sehen und sagen: Unsere Pädagogik ist die eine Sache. Aber deshalb muss unser Gründer nicht für alle Zeiten als Lichtgestalt wahrgenommen werden. Wir müssen auch erkennen, dass er unglaublich rassistisch, also auch in einem völkischen Sinne argumentiert hat, und dass nicht alles, nur weil es von Rudolf Steiner kommt, der Weisheit letzter Schluss ist.

Mit dem Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung sprach Katrin Richter.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025