Zuwanderer

Mein neues Leben

von Olaf Glöckner

Ein ehrgeiziges Projekt kündigt sich für März 2010 im Jüdischen Museum Frankfurt an: Historiker, Sozialwissenschaftler und Zeitzeugen planen die bisher umfassendste Ausstellung zur russisch-jüdischen Immigration in die Bundesrepublik. »Ausgerechnet Deutschland!« soll im März 2010 die Pforten öffnen und eine zeitgeschichtliche Bilanz zu einer ungewöhnlichen, noch relativ jungen Einwanderungswelle bieten.
Längst interessiert das Thema auch ausländische Forscher, und so lud Chefkurator Dmitrij Belkin vergangene Woche zu einer themengleichen internationalen Konferenz an die Frankfurter Goethe-Universität ein. Weil nicht wenige der Referenten selbst über Migrationserfahrung verfügten, bekam das dreitägige Treffen eine besondere Würze.
Dass osteuropäische Migration nach und durch Deutschland eine lange und komplizierte Tradition bis weit zurück ins 19. Jahrhundert besitzt, illustrierte anschaulich der Historiker Tobias Brinkmann (Penn State University). Sein Kollege Theodore Friedgut (Hebräische Universität Jerusalem) skizzierte Motive und Zwänge der sowjetischen Juden, das Land ab den späten 60er-Jahren in immer größerer Zahl zu verlassen. Mischa Gabowitsch (Princeton Univer- sity) machte deutlich, wie hartnäckige Pogromgerüchte in Gorbatschows späten Regierungsjahren zu dem führten, was später »panische Auswanderung« genannt wurde: Anderthalb Millionen sowjetischer Juden verließen innerhalb weniger Jahre ihre Heimat, und 200.000 von ihnen nahmen Kurs auf die Bundesrepublik. Für manche Beobachter bis heute eine große Überraschung, doch für Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, »in der Summe eine Erfolgsgeschichte«.
Fast 20 Jahre sind seit dem großen Exodus vergangen, doch wo und wie trifft man die jüdischen »Kontingentflüchtlinge« heute noch? Mit einer kultur-ethnologischen Präsentation zeigte David Shneer (University of Colorado), dass das generelle »Revival« jüdischen Lebens in einigen deutschen Metropolen ohne die russischen Juden undenkbar wäre – einschließlich neuer religiöser Zentren. Die Neuzuwanderer berei- chern die hiesige Kunstszene, gehören zu den besten Ärzten und rücken selbstbewusst auch in die politischen Diskurse. Umgekehrt aber kämpft ein Teil von ihnen bis heute mit Anpassungsdepressionen, Dauerarbeitslosigkeit und Rechtsstreitigkeiten. Dalia Wissgott-Moneta, seit 20 Jahren Sozialabteilungschefin in Frankfurts Jüdischer Gemeinde, trug einfühlsam Geschichten von erfüllten und unerfüllten Zuwanderer-Träumen am Main vor.
Rebecca Kobrin von der Columbia University (New York) setzte an einem ähnlichen Punkt an: Sie sammelt in der ganzen Welt biografische Erinnerungen russisch-jüdischer Auswanderer und dokumentiert sie. Die Frankfurter Konferenz war für ihr Projekt der ideale Zugang zu Deutschland.
Doch nicht nur Rückblenden, sondern auch Visionen waren bei der Tagung auf dem Campus Westend gefragt. So präsentierte der deutsch-israelische Erziehungswissenschaftler Meron Mendel diverse Zukunftsvorstellungen und Selbstbilder von russisch-jüdischen Teenagern und verwies dabei auf die Beliebtheit von »Patchworkidentitäten«. Ein Phänomen, das auch die einheimischen Eltern gut kennen und das man europaweit sehr gelassen betrachtet.

Weitere Informationen unter:
www.juedischesmuseum.de/wechselausstellungen/einwanderung.html

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025

Berlin

Frei informiert die Fraktionschefs über Lage in Nahost

Die Bundesregierung ist nach dem US-Angriff auf den Iran im Krisenmodus. Am Vormittag findet ein Informationsgespräch im Kanzleramt statt, an dem auch die rechtsextremistische AfD teilnimmt

 23.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

Iran-Krieg

Steinmeier sieht noch Chancen für Diplomatie

Für Diplomatie ist im nahen Osten derzeit kein Raum. Das muss aus Sicht von Bundespräsident Steinmeier aber nicht so bleiben

 18.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025