Joshua Edelman

Madrider Swing mit New Yorker Akzent

von Uwe Scheele

Was haben Spaniens Hauptstadt und der Big Apple gemeinsam? Eine ganze Menge. Da ist sich Joshua Edelman sicher. »Madrid erinnert mich an das New York meiner Kindheit«, erzählt der Jazzmusiker. »Ich bin in Greenwich Village aufgewachsen, wir haben auf der Straße gespielt, alle kannten sich. Das ist in meinem Viertel in Madrid genauso.« Kein Wunder, dass beide Orte für seine Musik eine große Rolle spielen. Afro-kubanische Latino-Rhythmen, traditioneller Jazz und klassische Themen fließen bei Joshua Edelman und seiner Band Conexiones zu einem temperamentvoll swingenden Latin-Jazz zusammen. Calle del Rosario, das jüngste Album, mit dem der gebür- tige New Yorker Jude derzeit in Spanien auf Tournee ist, ist eine Hommage an seine Wahlheimat Madrid, in der er seit 22 Jahren zu Hause ist.
Als Musiklehrer kam Joshua Edelman 1980 nach Valencia, fand eine Anstellung in einem Jazzklub und suchte Musiker, mit denen er auftreten konnte. Aber die wollten lieber Salsa als Jazz spielen. »Ein Freund sagte: ‚Wir machen eine Band, und du spielst Klavier.‘ Aber ich konnte zu der Zeit noch keine Salsa. Ich habe mir das mithilfe eines Tonbandmitschnitts beigebracht. Das war wie eine neue Sprache lernen.« Eine, die verbindet.
»Verbindungen« – der Bandname ist Programm. Jeder Musiker hat seine eigenen musikalischen Wurzeln, die er in die Gruppe einbringt. Da mischen sich kubanische und Salsa-Rhythmen, brasilianischer Bossa-Nova-Stil, barocke Klänge und immer wieder klassische Jazz-Stücke. Eigenkompositionen von Joshua Edelman oder Arrange- ments, die auch manchmal provokativ sein können, wie das bemerkenswerte Solfeggietto von Carl Philipp Emanuel Bach, die klassische Klavierumrahmung eines Latino-Jazz-Stücks. Es ist eine Gemeinschaftsarbeit. »Ich habe in der Partitur ein Fragment gefunden, das mir als Einleitung ge- fiel. Das habe ich dem Kontrabassisten und dem Schlagzeuger vorgeschlagen, aber offen gelassen, wie es weitergehen soll. Ich wollte wissen, wie sie darauf reagieren.«
Joshua Edelman hat im heimatlichen New York eine klassische Musikausbildung genossen. Seine Mutter spielte Klavier, sein Vater war Jazz-Fan. Der Sohn kam recht bald vom traditionellen Weg ab, zumal er im Bohème-Viertel Greenwich Village aufwuchs, wo auch auf der Straße viel Musik gespielt wird. Mit 12 hört er Blues und Rock, mit 15 hat er sein musikalisches Erweckungserlebnis. Spätabends steht er mit seiner Freundin vor dem legendären Jazzclub Village Vanguard, nur drei Straßen von seinem Elternhaus entfernt. Da wird die Tür aufgestoßen, ein schwarzer Musiker mit Klarinette und riesiger Sonnenbrille kommt heraus, hinter ihm eine Gruppe von Percussion-Musikern, zu den Klängen ihrer Musik drehen sie eine Runde auf der Straße und verschwinden wieder im Club. Joshua hat soeben Rasan Roland Kirk gesehen, den bekannten blinden Saxofonisten. »Obwohl ich keine 18 war, bin ich mit meiner Freundin von da an regelmäßig in den Klub gegangen, um Jazz zu hören. Später besuchten wir das ‚Slugs‘, einen schummriger Laden in einer gefährlichen Straße im East Village. Da wohnten keine Weißen, alle waren schwarz. Wir wurden bestaunt, aber ich habe da viele Musiker kennengelernt und fing an, selbst Jazz zu spielen.«
Neben diesem multikulturellen Ambiente spielt das jüdische New York eine wichtige Rolle in Joshuas Jugend. Seine Großeltern sind Einwanderer aus der Ukraine. Die Eltern, beide Architekten, empfinden die Religion eher als Zwang. Einige Feste wie Pessach oder Chanukka werden dennoch gefeiert: »Wir bewegten uns in einem jüdischen Umfeld, fast alle meine Freunde waren Juden. Kulturell und intellektuell identifiziere ich mich mit der jüdischen Welt von New York. In Madrid bin ich Mitglied der Gemeinde, hier habe ich auch jüdische Freunde.«
Valencia wird Edelman bald zu klein. Er nimmt ein Jobangebot als Klavierlehrer in Madrid an, 1986 zieht er in die spanische Hauptstadt. Hier findet er das New York seiner Jugend wieder. Er ist fasziniert von der multikulturellen Atmosphäre, dem Nachtleben, dem kleinstädtischen Charme der Innenstadt. Die 80er, das sind eben die Jahre der »movida madrileña«, des kometenhaften Aufstiegs einer Kulturmetropole mit unzähligen Musikklubs, in denen täglich Rock-, Blues- und Jazzbands auftreten.
Mit seinem multikulturellen Musikprojekt kämpft Edelman nicht zuletzt gegen rassistische Vorurteile, die auch in der Welt des Jazz existieren, wo es immer noch viele ausschließlich schwarze oder weiße Bands gibt. »Das ist Schwachsinn«, wettert er. »Bei uns spielen Latinos, Schwarze, Weiße, Amerikaner, Spanier perfekt miteinander, von unserem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund lebt unsere Musik.« Und Edelman hat einen Traum: Zusammen mit einem libanesischen Freund will er eine jüdisch-arabische Jazzband gründen.

Weitere Informationen:
www.joshua-edelman.com.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025