Milli Görüs

Kontaktaufnahme

von Harald Neuber

Mit einem Stipendienprogramm will die islamisch-türkische Organisation Millî Görüs (Nationale Sicht) strenggläubigen Mus- liminnen ermöglichen, an deutschen Universitäten zu studieren. Eine entsprechende Meldung des »Spiegel« wurde vor kurzemvon einem leitenden Mitarbeiter der Organisation, Mesud Gülbahar, bestätigt: Die Studienbeihilfe in Höhe von 300 bis 400 Euro richte sich an muslimische Frauen, die wegen des Kopftuchverbots im säkularen türkischen Staat nach Alternativen im Ausland suchen. Von den insgesamt 250 Stipendien würden voraussichtlich 150 an Hochschulen in Deutschland und Österreich gehen, so Gülbahar, der in der Deutschland-Zentrale von Millî Görüs in Kerpen für Jugendarbeit zuständig ist.
Mit der Initiative versucht die mit mehreren zehntausend Mitgliedern größte islamische Organisation in Deutschland offenbar gezielt, neue Mitglieder im univer- sitären Bereich zu rekrutieren. So lädt Millî Görüs für Anfang März zu einem europaweiten Studententreffen nach Hagen in Nordrhein-Westfalen ein, zu dem Gülbahar rund 1500 Mitglieder und Sympathisanten erwartet.
Seit ihrer Gründung 1971 hat die »Islamische Gemeinschaft Millî Görüs e.V.« ein bundesweites Netz von rund 300 Moscheen aufgebaut. Eine Tochterorganisation verwaltet den Immobilienbesitz. Anlass zu immer wiederkehrenden Spekula- tionen gibt, dass Millî Görüs zu den von ihr kontrollierten Organisationen ebenso beharrlich schweigt wie zu den Kontakten zum ehemaligen türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan.
Zur Kritik an der Gruppe haben aber auch die antisemitischen Äußerungen ihrer Funktionäre beigetragen. Im April vergangenen Jahres etwa kam es zum Eklat, als auf dem Gelände einer Millî-Görüs-Moschee in Berlin-Kreuzberg antisemitische Literatur angeboten wurde. Im Sortiment einer kleinen Buchmesse im Innenhof der Mevlana-Moschee fanden sich neben der antisemitischen iranischen Comicserie »Sahras blaue Augen« auch Übersetzungen von Schriften der ägyptischen Muslimbruderschaft, in der die These einer internationalen zionistischen Verschwörung verbreitet wird.
Während die Islamismus-Expertin Claudia Dantschke den Sinn der aktuellen Hochschul-Initiative vor allem darin sieht, »sich ins Gespräch zu bringen«, wird der Vorstoß von anderen Beobachtern auch positiv bewertet. Der Kulturanthropologe Werner Schiffauer etwa bezeichnet das Vorhaben als »Versuch, in der deutschen Gesellschaft einen Aufstieg zu erreichen«. Der Islam solle durch »zunehmende wissenschaftliche Debatten« vom »Ruch der Unterschichtsreligion« befreit werden, sagt Schiffauer. Damit einhergehend seien bei Millî Görüs Ansätze zu beobachten, »den klassischen Antisemitismus zu überwinden«. Diese vor allem von jungen Mitgliedern vertretene Tendenz sei noch schwach – und drohe durch eine pauschale politische Konfrontation wieder zunichte gemacht zu werden.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025