Ferienbetreuung

Kellerkinder

von Sabine Brandes

»Minus Zwei« im Fahrstuhl gedrückt, und schon ist man da. Unten angekommen passiert man einen schwach beleuchteten Flur und eine dicke Metalltür. Laut ist es hier im Untergrund. Doch es sind angenehme Geräusche, die an die Ohren dringen. Gesang, Gelächter, dazwischen hier und da ein Jubelruf über ein geschafftes Tor. Keine Sirene, kein Bombeneinschlag, keine Hiobsbotschaften aus dem Radio. Ein Ferienlager für Kinder in Zeiten des Krieges, veranstaltet in der Tiefgarage eines Einkaufszentrums an der Haifaer Ben-Gurion-Straße.
Statt grüner Wiese und kühlem Naß gibt es graue Wände und versiegelte Fenster. Doch die Betreuer, Helfer und Kinder haben sich jede Menge einfallen lassen, um die Atmosphäre aufzupeppen: Nicht nur, daß sie farbenfrohe Bilder an die Wände hängen, sie setzen auch bunte Masken auf. »Not macht erfinderisch«, meint Yaira Cohen, im alltäglichen Leben Leiterin der Jugendabteilung in der Stadtverwaltung.
Normalerweise finden die Sommerlager in Parks oder Schulen statt. »Draußen sein« lautet das Motto. In diesem Sommer aber ist im Norden niemand draußen. Sämtliche Kejtanot, wie die Camps heißen, sind nach Ausbruch des Krieges abgesagt worden. Dabei gehören sie zu Israel wie Humus und Falafel. Da die meisten Eltern den Großteil der zweimonatigen Schulferien arbeiten, müssen sie ihren Nachwuchs unterbringen. Und die Kinder lieben es, denn Ferienlager sind geprägt von Ausflügen, Schwimmbädern und viel Eis. Eis gibt es hier auch, und es scheint genauso gut zu schmecken.
Die Schilder weisen den Weg auf Hebräisch und Arabisch »zum Maltisch« oder »zur Bastelecke«. Etwas weiter ist ein Fußballfeld im Miniformat aufgebaut, daneben ein Matratzenlager. »Die Sicherheit war das oberste Gebot bei der Auswahl der Orte«, erläutert Cohen. Vier Camps sind in der Stadt eingerichtet, zwei im Carmel und zwei in den jüdisch-arabischen Stadtteilen. Sie sind jeden Tag von 8 bis 16 Uhr geöffnet und nehmen bis zu 150 Mädchen und Jungs im Alter von 3 bis 15 Jahren auf.
Besonders an dem Tiefgaragen-Camp ist die Besetzung: Arabische und jüdische Kinder sowie Betreuer haben hier gemeinsam Spaß. Haifa, seit jeher als tolerante Stadt gepriesen, will an ihrem Weltbild festhalten. »Auch und gerade jetzt«, betont Cohen. »Wir leben in dieser Stadt gemeinsam. Weil Krieg ist, haben wir nicht plötzlich das Verständnis füreinander verloren.« Zuhause oder in den Bunkern säßen die Kinder pausenlos vor dem Fernseher, »hier erzählen sie uns von ihren Erlebnissen, spielen und basteln«. Ablenkung lautet das Zauberwort. Zehn professionelle Betreuer, von Kindergärtnerinnen über Verwaltunsangestellte bis zu einer Oberschuldirektorin, kümmern sich gemeinsam mit fünf Soldaten und Volontären um die kleinen Besucher.
Maya ist sechs Jahre alt und Jüdin. Im September kommt sie in die Schule. Stolz berichtet sie über den knallroten Ranzen, den sie bald auf dem Rücken tragen wird. Am liebsten hätte sie ihn mitgebracht, um ihn allen zu zeigen. Zum Beispiel Andre, ihrem arabischen Freund, den sie hier kennengelernt hat. Julie malt gern. Auf ihrem neuesten Werk steht in dicken Lettern Salam und Schalom. Einmal in ihrer Muttersprache Arabisch und darunter auf Hebräisch. »Das wünsche ich mir am meisten«, sagt sie. Die Elfjährige wohnt ganz in der Nähe. Bevor sie hierher gekommen ist, hat die Familie ganze Tage und Nächte im Bunker des Hauses verbracht. »Hier habe ich keine Angst, aber draußen schon sehr.«
Etimad Abu-Rabia ist Kindergärtnerin im arabischen Viertel. Sie weiß um die Nöte der Kinder: »Zur Eröffnung kamen sie im Bombenhagel an, das war schrecklich. Doch so wie wir die Sirenen nicht hören, so wollen wir in diesen Stunden nichts von den Dingen hören, die uns oben erwarten. Hier sind wir für die Kinder da, und der Krieg bleibt draußen.«

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

von Christopher Kissmann  19.05.2025