Libanonkrieg

Israels Vietnam

von Beate Hinrichs

Die Winograd-Kommission hat in ihrem Zwischenbericht über den Libanonkrieg vom Sommer 2006 der Regierung unter Ehud Olmert »schwerwiegendes Versagen« attestiert. Es bleibt nach den Gründen zu fragen – denen für das militärische Versagen wie denen für den Krieg überhaupt. Beides untersuchen der libanesische Politikwissenschaftler Gilbert Achcar und der israelische Friedensaktivist Michael Warschawski in ihrem jetzt auch auf Deutsch erschienen Buch Der 33-Tage-Krieg.
Das Fazit des Feldzugs lautete: Weder war die Hisbollah militärisch zu besiegen noch ließ sich die libanesische Bevölkerung gegen sie aufwiegeln. Darauf aber war die israelische Führung völlig unvorbereitet, weil sie, so die Autoren, in »kolonialer Arroganz« und »rassistischer Verachtung der Araber« die eigene Überlegen- heit postulierte, ohne den Feind zu kennen oder zu verstehen – ein typischer Fehler jeder Kolonialmacht, die den Militärs das Feld überlässt: »Tatsächlich war der israelische Generalstab in diesem Krieg mehr als nur eine reine Lobby; er war in gewisser Weise eine Parallelregierung.«
Aber selbst militärisch war Israel für diesen Krieg schlecht gerüstet. Seine Soldaten waren nur »einseitige Repressionen« gegen Palästinenser in den besetzten Gebieten gewohnt und standen nun gut trainierten Kämpfern gegenüber. In entsprechend miserablem Zustand befanden sich Zivilschutzanlagen und Versorgungseinrichtungen für die israelische Bevölkerung. Israel hat diesen Krieg auch auf Kosten seiner eigenen Bürger geführt.
Warum haben Israelis dann nicht massenhaft gegen den Feldzug protestiert? Weil er, so Achcar und Warschawski, ihnen als »Selbstverteidigungskrieg« verkauft wurde, der in den globalen Kampf gegen den militanten Islam eingebunden war. Israel fungierte auch als Erfüllungsgehilfe der USA. Washington wollte nach dem Abzug Syriens aus dem Libanon im Frühjahr 2005 die Hisbollah entwaffnet wissen (und UN-Resolution 1559 sah das auch vor). Aber nicht nur blieb die Macht der Hisbollah unangetastet; im Juli 2005 gewann der antiamerikanische Hardliner Ahmadinedschad die Präsidentschaftswahlen im Iran und im Januar 2006 die Hamas die palästinensischen Parlamentswahlen. Genug politische Rückschläge für die USA, um wenigstens im Libanon aufzuräumen. Washington und Jerusalem warteten nur auf einen Anlass – das hat der amerikanische Enthüllungsjournalist Seymour Hersh nachgewiesen, das haben auch israelische Politiker inzwischen mehr oder weniger unverblümt eingestanden.
Die Darstellung des libanesisch-israelischen Autorenduos ist keine detaillierte Aufzeichnung des Kriegsverlaufs, sondern eine Analyse der politischen Strukturen. Weil diese Strukturen weiter bestehen, weist das Buch über den 33-Tage-Krieg hinaus: Der Libanon sei zum uneingestandenen Vietnam Israels geworden, konstatieren Achcar und Warschawski, und sie warnen, Washington und Jerusalem rüsteten schon für die zweite Runde.

gilbert achcar und michael
warschawski: der 33-tage-krieg
Aus dem Französischen von Birgit Althaler.
Nautilus,Hamburg 2007, 96 S., 10,90 €

Jena

Fördergelder für Haus Auerbach

Villa des jüdischen Ehepaars Auerbach gilt als besonderes Zeugnis des Weimarer Bauhauses

 28.03.2024

Diplomatie

Bundesaußenministerin verlangt mehr Hilfe für Gaza

Annalena Baerbock besucht den Grenzübergang Kerem Schalom

von Sabine Brandes  26.03.2024

Berlin

Unveränderte Sicherheitseinschätzung nach Moskauer Anschlag

Die Bedrohung sei bereits zuvor hoch gewesen, heißt es im Innenministerium

 25.03.2024

Berlin

Deutlich mehr Fälle von Hasskriminalität

Hetze nimmt zu - vor allem im Netz. Dies sagt die Staatsanwaltschaft

 25.03.2024

Fernsehen

»Igor Levit - No Fear«: Mehr als ein Musikfilm

Das dokumentarische Porträt des charismatischen Pianisten läuft am Sonntag auf ARTE

 22.03.2024

Neuerscheinung

Die postkoloniale Endlösung

JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel schreibt in »Deutsche Lebenslügen« über die gefährliche Allianz von linken und muslimischen Judenhassern. Ein exklusiver Buchauszug

 21.03.2024

Soziale Medien

Plattform X entsperrt Konto von Identitärer Bewegung

Seit der Übernahme durch Elon Musk dürfen Extremisten wieder posten

 21.03.2024

Fussball

Schafft Israel noch die EM-Qualifikation?

Das Team aus Israel trifft am Abend auf Island

 21.03.2024

Hamburg

Millionen-Förderung für KZ-Gedenkstätte

KZ Neuengamme wurde von 1938 bis 1945 betrieben und hatte mindestens 86 Außenlager

 20.03.2024