Bundestag

In Klausur

Was lange währt, wird endlich ein Gremium. Mit einiger Verspätung hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am 9. September die Kommission zur Bekämpfung des Antisemitismus berufen. Zehn Experten hat der CDU-Politiker eingeladen. Darunter bekannte Historiker wie Peter Longerich von der Universität London, Julius H. Schoeps vom Moses Mendelssohn Zentrum an der Universität Potsdam, und Johannes Heil, Leiter der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Dazu stoßen Personen, die eher der praktischen Erinnerungsarbeit zuzurechnen sind wie Elke Gryglewski von der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin.

priorität Wolfgang Schäuble erhofft sich von den Experten »praxisbezogene Impulse und Empfehlungen, wie möglichst alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte und Institutionen ihre Arbeit, ihr Engagement bei der Bekämpfung des Antisemitismus langfristig optimieren können«.
Die Einberufung des Gremiums geht zurück auf eine Resolution des Bundestags vom November 2008 zum 60. Jahrestag der Reichspogromnacht: »Den Kampf gegen Antisemitismus verstärken, jüdisches Leben in Deutschland weiter fördern«. Darin wurde die Einrichtung eines solchen Gremiums gefordert.
Obwohl die Bundesregierung die Bekämpfung des Antisemitismus als »eine wesentliche politische Priorität« bezeichnet, zog sich die Ernennung des Expertenkreises über Monate hin. Das sorgte für Kritik (vgl. Jüdische Allgemeine vom 20. August 2009). Die nun benannten Teilnehmer bleiben im Streit über die zeitlichen Abläufe jedoch gelassen. »So mahlen nun mal die Mühlen der Politik«, sagt Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, die auch der Kommission angehört. »Es konnte ja nur eine beschränkte Anzahl von Experten geben, und die Auswahl musste mit dem Parlament abgestimmt werden.«

gescheitert Vorsorglich weist das Innenministerium darauf hin, dass es neben den benannten Personen »selbstverständlich weitere anerkannte« Experten gäbe, »die mit Rücksicht auf die Arbeitsfähigkeit des Gremiums jedoch nicht sämtlich berücksichtigt werden konnten«. So haben sich die Grünen und die SPD mit ihren Vorschlägen offenbar nicht durchgesetzt: Anetta Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung und der SPD-Bundestagsabgeordnete Gert Weisskirchen, die im Gespräch waren, sind nicht vertreten. Ende 2011 wollen die Mitglieder des Gremiums eine erste Analyse vorstellen. Auch dieser Zeitraum mutet lange an. Wetzel aber sagt: »Wir wollen einen fundierten Bericht vorlegen, ein Schnellschuss bringt nichts.«
Anfang November treffen sich die Sachverständigen zu einer ersten Klausur. Dort will man einen Plan aufstellen, wie die Arbeit im Konkreten aussehen soll. Wetzel hofft, dass das Gremium auch »Einfluss auf die Politik ausüben kann«. Es sei logistisch mit verschiedenen Ministerien verknüpft, wie zum Beispiel mit dem Familienministerium. Sie wünscht sich mehr »Unterstützung für Projekte und Organisationen, die sich mit dem Thema befassen«. Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus müsse bei Kindern und Jugendlichen ansetzen, sie sei auch eine Frage von »Erziehung und Bildung«. Elke Gryglewski erwartet, dass das Gremium »eine Bestandsaufnahme gibt, einen Überblick über das, was fehlt im Kampf gegen den Antisemitismus. Wenn uns das bis 2011 gelingt, dann wäre das schon ein Erfolg. Wir machen das ja alle nicht in Vollzeit.« Gremiumsmitglied Aycan Demirel von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus betont: »Den Zeitablauf bestimmen wir selbst.« Er geht davon aus, dass es »einen Bericht in der Legislaturperiode geben wird«.

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025