»Ich glaube nicht, dass Hitler kippt. Warum auch. Europa sieht, wie gelähmt, zu, wie der neue Krieg vorbereitet wird – die Kriegsindustrie hat zu tun, Herr Daladier ist taktvoll, das Foreign Office eiskalt. Und so kommen die drei Jahre zustande, die jener braucht, um loszulegen.«
Kurt Tucholsky, Schriftsteller und Journalist
»Hitler, das ist der Mob, der Nietzsche gelesen hat. Das ist Mussolenin im Ausverkauf. Verschlagen, wie es der sogenannte dumme Kerl sein kann. Dies denkend, lag ich im Grunewald mit Grippe zu Bett. Ein Telephonruf teilte mir mit: der Pass wird mir entzogen. Trotz 39 Grad Fieber raus aus dem Bett, nur einen Rucksack über, mit dem Allernötigsten. Nach dreieinhalb Stunden war ich in der Tschechoslowakei. Ich empfand an diesem Abend das tiefe Glück, jenseits der deutschen Grenze zu sein – und trank erleichtert ein großes, großes Glas Pilsener Bier.«
Alfred Kerr, Theaterkritiker
»Weil der Jude sein Judentum nicht stolz zur Schau trug, weil er sich um die Judenfrage herumdrücken wollte, hat er sich mitschuldig gemacht an der Erniedrigung des Judentums. Die jüdische Antwort ist klar. Es ist der kurze Satz, den Mose zum Ägypter sprach: Iwri anochi ... Zum Jude-Sein Ja sagen.«
Robert Weltsch, Chefredakteur der
»Jüdischen Rundschau«
»Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.«
Max Liebermann, Maler
»Die nationale deutsche Revolution, die wir durchleben, hat zwei ineinandergehende Richtungen: den Kampf zur Überwindung des Bolschewismus und die Erneuerung Deutschlands. Wie stellt sich das deutsche Judentum zu diesen beiden? Der Bolschewismus, zumal in seiner Gottlosen-Bewegung, ist der heftigste und erbittertste Feind des Judentums. Die Ausrottung der jüdischen Religion ist in seinem Programm; ein Jude, der zum Bolschewismus übertritt, ist ein Abtrünniger. Die Erneuerung Deutschlands ist ein Ideal und eine Sehnsucht innerhalb der deutschen Juden. Mit keinem Land Europas sind Juden in jahrhundertelanger Geschichte so tief und so lebendig verwachsen wie mit Deutschland. Keine Sprache Europas bedeutet für sie so viel wie die deutsche. Wir Juden hier hegen den ehrlichen Wunsch und die ehrliche Hoffnung, dass wir in Ruhe auch unser Verhältnis zu den neuen Herren in Deutschland aufrichtig werden gestalten können.«
Leo Baeck, Rabbiner
»Die Hitlerei hat mir bisher nichts getan, aber ich bin auf alles gefasst. Die Prognose hängt vom Ausgang der bevorstehenden Kämpfe zwischen den Regierungsgruppen ab. Es ist anzunehmen, dass eine Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten der Nationalsozialisten auch bei proportionaler Stärkung ihrer parlamentarischen Basis gegenüber den Deutschnationalen nicht zugestanden werden wird. In diesem Fall werden entweder die Hitlerleute trotzdem in der Regierung bleiben; dann werden sie im Kampf gegen das Proletariat vorgeschickt und dadurch ihre Partei gespalten und vorerst ungefährlich gemacht. Oder sie treten aus. Solange die gegenwärtige Koalition noch andauert, ist an eigentliche Judenhetzen oder Judengesetzgebungsakte nicht zu denken, nur an administrative Unterdrückung; eine antijüdische Legislative käme nur bei einer Machtverschiebung zugunsten der Nationalsozialisten in Betracht, die aber wie gesagt kaum zu erwarten ist.«
Martin Buber, Religionsphilosoph
»Der Nationalsozialismus rettet Deutschland vor dem Untergang; Deutschland erlebt heute seine völkische Erneuerung. (Wir brauchen eine) Beschleunigung der unbedingt notwendigen Trennung von deutschen und undeutschen Juden sowie Erfassung aller deutschbewussten Juden unter einheitlicher autoritärer Führung bei möglichster Umgehung der alten Organisationen.«
Hans Joachim Schoeps, Religionsphilosoph und Gründer des Vereins »Der deutsche Vortrupp«
»Mir fällt zu Hitler nichts ein. ... Ich fühle mich wie vor den Kopf geschlagen, und wenn ich, bevor ich es wäre, mich gleichwohl nicht begnügen möchte, so sprachlos zu scheinen, wie ich bin, so gehorche ich dem Zwang, auch über ein Versagen Rechenschaft zu geben, Aufschluss über die Lage, in die mich ein so vollkommener Umsturz im deutschen Sprachbereich versetzt hat, über das persönliche Erschlaffen bei Erweckung einer Nation und Aufrichtung einer Diktatur, die heute alles beherrscht außer der Sprache.«
Karl Kraus, Herausgeber der »Fackel«
»Das bisschen Fassung, das man in meinen Kreisen dem neuen Regime entgegengebracht hat, ist rasch verbraucht und man gibt sich Rechenschaft, dass die Luft kaum mehr zu atmen ist; ein Umstand, der freilich dadurch an Tragweite verliert, dass einem die Kehle zugeschnürt wird. Dies vor allem einmal wirtschaftlich; die Chancen, die von Zeit zu Zeit durch den Rundfunk geboten wurden und die überhaupt meine einzigen ernsthaften waren, dürften gründlich fortfallen.«
Walter Benjamin, Philosoph und Publizist