Gaza

»Wir brauchen humanitäre Hilfe«

Nach dem Raketeneinschlag auf dem Parkplatz eines Krankenhauses in Gaza inspizieren Bewohner den Schaden Foto: picture alliance / ROPI

Nach dem Raketeneinschlag bei einer Klinik im Gazastreifen mit möglicherweise Hunderten Toten mehren sich Anzeichen für eine Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs für humanitäre Güter. Ägypten sicherte nach Angaben von US-Präsident Joe Biden zu, zunächst bis zu 20 Lastwagen über den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen zu lassen.

Israel, das den Küstenstreifen ebenfalls abgeriegelt hat - auch weil die Hamas die beiden einzigen Grenzübergänge am 7. Oktober zerstört hatte - und dort die Infrastruktur des Terrors bombardiert, bekräftigte, humanitäre Hilfslieferungen aus Ägypten nicht zu behindern. Es hatte die Menschen in Gaza vor einigen Tagen aufgerufen, sich in den Süden des Gebietes zu begeben.

Nach UN-Angaben sind inzwischen rund eine Million Menschen dorthin geflohen, Israels Armee spricht von rund 600.000. Rafah, am Südrand der Küstenenklave, gilt als der einzige Weg, dringend benötigte Hilfe in den Gazastreifen zu bringen. In der Nacht zum Donnerstag war jedoch noch unklar, wann genau der Grenzübergang geöffnet wird.

Sofortiger Zugang gefordert

»Was wir dringend brauchen, ist ein sofortiger, sicherer Zugang für humanitäre Hilfe im gesamten Gazastreifen«, forderte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths. Er wies auf die sich weiter verschlechternde Lage in Gaza hin: »Die Zerstörung des Krankenhauses gestern hat den Druck auf dieses bröckelnde, angeschlagene und traurige Gesundheitssystem weiter erhöht«, sagte er am Mittwoch (Ortszeit) bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats.

Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde hatte für die Explosion an der Al-Ahli-Klinik umgehend Israel verantwortlich gemacht. Arabische Nachbarstaaten schlossen sich dem an. Vor allem in arabischen und islamischen Ländern, aber auch in Deutschland kam es daraufhin zu wütenden anti-israelischen Demonstrationen, die allerdings schon zuvor - und sogar vor dem Massaker der Hamas in Israel und dem Beginn des jüngsten Krieges gegen den Terror - stattgefunden hatten. In Berlin wurde in der Nacht zum Mittwoch eine Synagoge mit Molotowcocktails beworfen.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) versicherte den in Deutschland lebenden Juden daraufhin die Solidarität Deutschlands. »Wir stellen uns dem mit aller Kraft des Staates und unserer Gesellschaft entgegen. Nie wieder ist jetzt«, schrieb sie auf der Plattform X, früher Twitter.

Vorwürfe entschieden zurückgewiesen

Israel hat eine Schuld an der Explosion am Krankenhaus in Gaza entschieden zurückgewiesen und sprach vom Einschlag einer verirrten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bewertete den Raketeneinschlag als Bruch des Völkerrechts - löschte aber eine direkte Schuldzuweisung in Richtung Israel, die er zuvor publiziert hatte.

US-Präsident Biden sagte unterdessen auf seiner Rückreise von seinem Besuch in Israel, er habe mit dem ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi telefoniert. Dieser habe zugesagt, »für den Anfang« zunächst »bis zu 20 Laster« über den geschlossenen Grenzübergang Rafah zu lassen. Danach könnten möglicherweise weitere Lieferungen folgen.

Biden betonte aber, sollte die in Gaza herrschende Hamas Lieferungen konfiszieren, »dann hört es auf«. Vertreter der Vereinten Nationen würden sich auf der Gaza-Seite um die Verteilung der Güter kümmern.

Straßenreparaturen erforderlich

Nach Berichten von vor Ort wurde der Grenzübergang Rafah durch israelischen Beschuss beschädigt und muss nun repariert werden. Nach ägyptischen Angaben stehen dort rund 3000 Tonnen Hilfsgüter für die eingeschlossenen Menschen bereit. Laut Biden sind Reparaturen an der Straße nötig. Vor Freitag sei die Lieferung daher nicht zu erwarten.

Kurz nach dem Treffen mit Biden hatte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gesagt, sein Land werde humanitäre Hilfe wie Lebensmittel, Wasser und Medikamente nach Gaza nicht behindern. Er machte aber auch deutlich: »Jede Lieferung, die zur Hamas gelangt, wird verhindert.«

UN-Nothilfekoordinator Griffiths wies auf die extreme Wasserknappheit für die Menschen im Gazastreifen hin. Sie seien zunehmend gezwungen, sich aus unsicheren Quellen zu versorgen, wodurch die Bevölkerung einem erhöhten Risiko von Krankheiten ausgesetzt sei.

Sunak reist nach Israel

Unterdessen wird der britische Premierminister Rishi Sunak an diesem Donnerstag zu einem Kurzbesuch in Israel erwartet. Er will laut britischen Medien unter anderem Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog treffen. Danach plant er im Rahmen seiner zweitägigen Reise Besuche in anderen Hauptstädten der Region.

Ziel sei es, auf diplomatischem Weg eine Ausweitung der Kämpfe zu verhindern. Sunak wolle zudem dazu drängen, dass so schnell wie möglich humanitäre Hilfe in den Gazastreifen geliefert wird.

Derweil griff das israelische Militär erneut Stellungen der pro-iranischen Terrororganisation Hisbollah im Libanon an. Das gab die israelische Armee in der Nacht zum Donnerstag bekannt. Zuvor hatte sie bereits mitgeteilt, Terroristen hätten eine Panzerabwehrrakete auf eine israelische Gegend nahe der Grenze zum Libanon abgefeuert. Das israelische Militär habe mit Artilleriebeschuss reagiert.

Guterres in Kairo erwartet

Seit den Terrorattacken der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel kam es in den vergangenen Tagen regelmäßig zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon, die Sorgen vor einer Eskalation schüren. Auch im Westjordanland kam es erneut zu Zwischenfällen, bei denen ein Palästinenser unbestätigten Angaben zufolge umkam.

UN-Generalsekretär António Guterres reist indessen nach Kairo. Dort will er sich laut UN-Angaben unter anderem mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi treffen, um eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah zu erwirken. Das EU-Parlament will am selben Tag eine Entschließung zu Israel verabschieden.

US-Präsident Joe Biden will sich derweil am Abend (Ortszeit) in einer seltenen Ansprache aus dem Oval Office an die Nation wenden und unter anderem die Reaktion seines Landes auf die Angriffe der islamistischen Hamas gegen Israel erörtern. dpa/ja

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025