Jewish Claims Conference

Häuser, Erben und Millionen

von Ingo Way

Georg Heuberger wirkt leicht genervt. Wieder einmal muss sich der Deutschland-Repräsentant der Jewish Claims Conference (JCC) mit massiver Kritik an seiner Organisation auseinandersetzen, die er für unberechtigt hält. Und das ausgerechnet in der Woche, in der die JCC mit dem Bundesfinanzministerium über die Modalitäten weiterer deutscher Entschädigungszahlungen an die Claims verhandelt. Diese vertritt die materiellen Ansprüche jüdischer NS-Opfer.
Anfang Mai wurde im israelischen Fernsehen ein Film der Journalisten Guy Meros und Orli Wilnai-Federbusch gezeigt, in dem der Vorwurf erhoben wird, die JCC horte ein Vermögen von einer Milliarde Euro, während Holocaustüberlebende aus den früheren Ostblockstaaten nichts davon abbekämen, sondern von einer Hungerrente der israelischen Regierung leben müssten. Das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« legt in seiner aktuellen Ausgabe nach: Dort werden der JCC mangelne Transparenz und unseriöses Geschäftsgebaren vorgeworfen: Jüdische Erben von Grundstücken in Ostdeutschland seien von der JCC um ihr Eigentum ge- bracht worden. Der Bundesrechnungshof, so der Spiegel, habe 2006 moniert, dass die JCC von deutschem Steuergeld ein teures Büro in Paris unterhalten habe. Außerdem soll ein Immobilienverkäufer der JCC gleichzeitig im Aufsichtsrat der Deutschen Grundstücksauktionen AG gesessen haben, die an den Verkäufen der Claims verdient habe.
Die JCC weist alle Vorwürfe zurück. Das Büro in Paris sei nötig gewesen, um sich um 8.000 französische Antragsteller kümmern zu können, heißt es in einer Stellungnahme. Die Kosten hätten aus einem Budget gestammt, das für Verwaltungszwecke vorgesehen war. Inzwischen sei das Pariser Büro geschlossen worden, weil die Arbeit dort erledigt sei. Von Mitarbeitern, deren Geschäftsgebaren dubios gewesen sei, habe sich die JCC inzwischen getrennt.
Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen betont Georg Heuberger, die Zahl von einer Milliarde Euro als »Vermögen« sei »völlig aus der Luft gegriffen«. Die Organisation verfüge derzeit über Rücklagen von 318 Millionen Euro. Und die seien für die nächsten drei Jahre bereits verplant – für Sozialprojekte zugunsten von Holocaustüberlebenden. Zu der Kritik aus Israel merkt Heuberger an: »Wir verteilen das Geld, das wir von Deutschland erhalten, nach Kriterien, die die Bundesregierung festgesetzt hat. Wer nicht unter diese Kriterien fällt, fühlt sich natürlich ungerecht behandelt.« Dies betreffe vor allem Bewohner der früheren Ostblockstaaten, die nie Entschädigungszahlungen erhalten haben. »Schuld daran ist aber nicht die JCC, sondern der Kalte Krieg. Man wollte damals nicht den Ostblock finanziell unterstützen, deswegen haben die NS-Opfer dort bis 1998 nichts bekommen.« Zumal die Entschädigungsvereinbarungen, betont Heuberger, nur für schwerstverfolgte NS-Opfer gelten würden.
Bleiben noch die Immobilienstreitigkeiten. Nach der Wiedervereinigung wurde im Bundesvermögensgesetz festgelegt, dass die rechtmäßigen jüdischen Eigentümer von Immobilien in Ostdeutschland bis zum 31.12.1992 einen Antrag auf Rückübertragung stellen konnten. Nach Ablauf dieser Frist fielen die Häuser und Grundstücke an die JCC, die sie verkaufte und den Erlös nach eigenen Angaben für Sozialprojekte einsetzte. Nun gab es aber Erben, die erst nach Ablauf der Antragsfrist von Familieneigentum in Ostdeutschland erfuhren. »Zu sagen, ihr kommt leider zu spät, wäre unbillig gewesen«, sagt Heuberger. »Deswegen haben wir einen Goodwill-Fonds eingerichtet, aus dem wir 80 Prozent des Erlöses an die Erben auszahlen.« Heuberger macht darauf aufmerksam, dass die verspäteten Antragsteller überhaupt nichts bekommen würden, hätte die JCC nicht als »kollektiver Erbe« die Grundstücke beansprucht. Denn nach dem Vermögensgesetz wären alle Ansprüche verfallen. Vorwürfe, sich zu Lasten der Erben bereichern zu wollen, seien absurd, so Heuberger. »Anfang der 90er-Jahre haben wir weltweit eine große Kampagne gestartet, um möglichst alle Erben ausfindig zu machen.«
Die Jewish Claims Conference – eigentlich Conference on Jewish Material Claims Against Germany – wurde 1951 in New York gegründet und hat heute Büros in Frankfurt am Main, Wien und Tel Aviv. Die JCC war Verhandlungspartner der Bundesrepublik Deutschland in den sogenannten Wiedergutmachungsverhandlungen und vertrat jene jüdischen NS-Opfer, die keine Bürger des israelischen Staa- tes waren.

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

 12.12.2024

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024

Berlin

Nach dem Sturz von Assad: Wie geht es nun weiter für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland?

von Anne-Béatrice Clasmann  09.12.2024

Ausstellung

Projekt zu verlorenen Büchern aus der NS-Zeit erreicht Israel

Ausstellungseröffnung am Montagabend in Tel Aviv

 09.12.2024

Israel

Netanjahu beginnt Aussage in seinem Korruptionsprozess

Die Anwälte des Ministerpräsidenten hatten sich wegen der Kriegszustände in der Region vergeblich um einen längeren Aufschub seiner Aussage bemüht

 09.12.2024

Nahost

Machtwechsel in Syrien: Was wir wissen - und was nicht 

von Martin Romanczyk  08.12.2024