Nahost-Politik

Großer Freund mit kleinen Fehlern

von Wladimir Struminski

Eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts hat George W. Bushs Besuch in Israel und den Autonomiegebieten nicht in greifbare Nähe gebracht. Das hat auch niemand erwartet. Dafür durfte sich der amerikanische Gast im jüdischen Staat unter Freunden fühlen. »Ich möchte Ihnen«, wandte sich Gastgeber Ehud Olmert bei der gemeinsamen Pressekonferenz an den US-Präsidenten, »für Ihre Freundschaft und für die Unterstützung danken, die Sie Israel während Ihrer gesamten Amtszeit gewährt haben.«
An Beispielen für Bushs Freundschaft zu Israel mangelt es tatsächlich nicht. So hat seine Regierung Israels Terrorismusbekämpfung durch gezielte Liquidierungen großzügig hingenommen. Ohne die amerikanische Zustimmung wäre diese, seinerzeit von Ariel Scharon eingeleitete, Strategie nicht so erfolgreich geworden. Im Libanonkrieg von 2006 ließ Bush Israel ebenfalls gewähren; dass die Israelis dies nicht in einen Sieg umzumünzen verstanden, war nicht seine Schuld. Auch hat der US-Präsident die amerikanische Militärhilfe an Israel erheblich aufgestockt – auf drei Milliarden Dollar pro Jahr. Selbst das Nachlassen der Israelfeindschaft in der UNO wäre ohne Washington so nicht denkbar gewesen.
Trotz solcher Freundschaftsdienste ist Bushs Nahostpolitik für Israel nicht frei von Problemen. Die naive amerikanische Vision von einer Demokratisierung des Nahen Ostens hat die Hamas im Gasastreifen an die Macht gebracht und den Irak 2003 mehr als unvermeidlich destabilisiert. Das wird Israel auch nach Bushs Abtritt von der politischen Bühne auszubaden haben. Wa-shington, glaubt Shlomo Slonim, Amerikaexperte und emeritierter Professor der Hebräischen Universität in Jerusalem, habe den Nahen Osten auf einen Weg bringen wollen, wie ihn die Länder des früheren Ostblocks 1990 eingeschlagen hatten. Dabei habe die US-Führung die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Regionen außer Acht gelassen. Dieses Versa- gen nivelliere Bushs Unterstützung für Israel zwar nicht, belaste aber die Bilanz.
Für eine Schlussrechnung ist es indessen noch zu früh. Mögen amerikanische Präsidenten gegen Ende ihrer Amtszeit als »lahme Enten« gelten, so hat Bush bis zur Wahl seines Nachfolgers noch zwei wichtige Punkte auf seiner Nahost-Agenda. Mit der Wiederbelebung der israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen begab sich der Präsident in die Rolle des Schiedsrichters in dem mehr als ein Jahrhundert alten Konflikt. Es sei zu hoffen, so Experte Slonim, dass der Präsident dabei Jerusalem nicht zu einem unrealistischen Vertrag mit den Palästinensern und damit zu Verzichtsleistungen drängen werde, für die Israel nicht den erhofften Frieden erhalte. Eine weitere Frage sei das iranische Atomwaffenprogramm. Ob es den USA 2008 gelinge, dieses zu stoppen, werde für Bushs nahöstliche Gesamtbilanz entscheidend sein. Und weil die Politik selbst unter guten Freunden ein Geben und Nehmen ist, glaubt Slonim, dass die Amerika- ner ein Junktim zwischen der Palästina- und der Iranfrage herstellen werden. »Für Olmert ist der Iran wichtiger als der israelisch-palästinensische Konflikt, für Bush ist es umgekehrt.« Deshalb könnte Bush seinem israelischen Freund einen Deal nach dem Motto »Eine Hand wäscht die andere« antragen: Zeigt sich Israel gegen-über den Palästinensern einsichtig, erhöht Washington den Druck auf Teheran. Ob diese Rechnung aufgeht, muss sich zeigen. Auf jeden Fall standen der Iran und der Friedensprozess in der vergangenen Woche im Mittelpunkt der Gespräche zwischen den beiden Spitzenpolitikern.

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025