Orthodoxe Rabbinerkonferenz

Gott und die Welt

von Detlef David Kauschke

Ein besonderes Bild bot sich den Besuchern des Gemeindehauses Fasanenstraße, die am späten Sonntagabend die Stufen zum ersten Stock hinaufkamen: 24 Rabbiner beim Maariw, dem Abendgebet. Nach dem Essen mit Gulasch und Gefilltem Fisch hatten sich die Teilnehmer der Ta-
gung der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) kurzerhand ins Foyer begeben, um ihrer religiösen Pflicht nachzukommen. Direkt neben Treppe und Garderobenständer, an dem noch zahlreiche Koffer standen. Denn viele Rabbiner wa-
ren erst kurz zuvor aus Hof, Würzburg, Magdeburg, Lübeck und anderen Gemeinden zum dreitägigen Treffen in der Hauptstadt angereist.
Dreimal im Jahr lädt die ORD zu einer Tagung ein. Rabbiner Tuvia Hod aus Bad Kissingen ist stets mit dabei: »Wir müssen miteinander reden und diskutieren. Jedes Seminar hat seinen Wert und verbessert unsere Arbeit.« Auch für seinen Kölner Kollegen, Rabbiner Yaron Engelmayer, sind die Treffen eine Bereicherung: »Zu Hause ist man mehr oder weniger auf sich gestellt. Hier sieht man, dass andere Rabbiner mit denselben Herausforderungen und Alltagssituationen umgehen müssen.« Zudem sei auch die Fortbildung wichtig, betont Engelmayer. »Wir lernen und haben endlich mal wieder Zeit, uns mit unseren traditionellen Quellen zu beschäftigen und uns über aktuelle Fragen zu informieren.«
Diesmal geht es um »Israel und die Völker«. Fragen des Umgangs mit der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft stehen auf der Tagesordnung. Die war wieder in Zu-
sammenarbeit mit der WZO, der Zionistischen Weltorganisation in Jerusalem, vorbereitet worden. Deren Generaldirektor der Abteilung für religiöse Fragen in der Diaspora, Rabbiner Itzchak Shtiglitz, sagt dazu: »Wir wissen, dass viele Rabbiner in Deutschland Diskussionen mit Vertretern der christlichen oder muslimischen Seite führen. Deshalb fanden wir es wichtig, ih-
nen Ideen und Hinweise anzubieten, wie sie mit den dort relevanten Themen umgehen können.« Zudem war aus aktuellem Anlass – nach der Militäroffensive in Gasa – Israel ein Thema des Rabbinerseminars. »Der Krieg hat moralische und humanistische Fragen aufgeworfen«, erläutert Rabbiner Shtiglitz, »die wollten wir thematisieren.« Dazu sind auch offizielle Vertreter des jüdischen Staates mit dabei: Der Ge-
sandte Ilan Mor veranstaltete am Dienstag einen Workshop mit Hintergrundinformationen zur derzeitigen politischen Lage und den Möglichkeiten der Rabbiner, diese in ihren Gemeinden zu vermitteln. Botschafter Yoram Ben-Zeev war bereits am Sonntag zu Gast. Beim Abendessen sprach er über die »24 Tage Kampf« und über die Verbundenheit der Juden in Deutschland und in aller Welt, die die Bedrohung ge-
meinsam durchstehen würden wie eine Familie, »Mischpacha echad«.
Der Düsseldorfer Gemeinderabbiner Ju-
lian Chaim Soussan sagte danach: »Wir stehen alle unter dem Eindruck des Krieges. Es ist wichtig, dass wir Position beziehen und unsere Solidarität erklären.« Rabbiner Engelmayer meinte: »Es ist für uns und unsere Gemeinden selbstverständlich, dass wir eng mit dem jüdischen Staat verbunden sind. Deshalb ist es auch wichtig, eine innerisraelische Perspektive von den Geschehnissen zu erhalten, und nicht nur die, die wir über die Medien vermittelt bekommen.« Er habe seinen Standpunkt, wie er hervorhob, bereits in einer öffentlichen Erklärung und durch seine Teilnahme an der Solidaritätsdemonstration in Frankfurt deutlich gemacht: »Auch da muss man Vorbild sein für die Gemeinde.«
Bei der ORD-Tagung geht es auch um Solidarität in ganz anderer Hinsicht. Denn während man sich bisher in Köln oder Frankfurt traf, ist diesmal bewusst der Veranstaltungsort Berlin gewählt worden, erläutert der Dortmunder Gemeinderabbiner Avichai Apel, zugleich ORD-Vorstandsmitglied: »Wir haben uns vor ein paar Mo-
naten entschieden, damit unseren Kollegen und Freund, Raw Ehrenberg, zu un-
terstützen. Denn wir wissen, dass es die Orthodoxie in Berlin derzeit nicht so einfach hat. Es war uns sehr wichtig, dass sich einmal alle orthodoxen Rabbiner in der Hauptstadt versammeln.«
Der Berliner Gemeinderabbiner Yitshak Ehrenberg nimmt diese Worte sichtlich erfreut zur Kenntnis: »Es ist leider so, dass in Berlin derzeit ein Vorstand amtiert, der eher in Richtung liberales Judentum tendiert.« Und es gebe Gemeindemitglieder, die ein Interesse daran hätten, die Orthodoxie in der Stadt zu schwächen. Das sei bedauerlich. »Doch ich kann versichern: Es wird ihnen nicht gelingen.«
Die Orthodoxie sei ohne Alternative, und sie wachse beständig, gibt sich Ehrenberg überzeugt. Eben dieses orthodoxe Ju-
dentum in Deutschland zu stärken, ist eine Aufgabe der 2003 gegründeten Rabbinerkonferenz. »Und dabei sind wir auf gutem Weg«, meint Rabbiner Apel zuversichtlich. »Damals hat es mit elf Mitgliedern begonnen, vor unserer Tagung in Berlin wa-
ren wir bereits 21, und hier konnten wir noch drei weitere Rabbiner bei uns in der ORD aufnehmen.«

Terror

Polizei: 9 Tote bei Angriff in Sydney

Was bislang bekannt ist - und was nicht

 14.12.2025

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025