Mauricio Manuel Dessauer

Fünf Minuten mit Mauricio Manuel Dessauer über das Omer-Zählen, Lag BaOmer und ein Buch zum Judentum

Wir befinden uns derzeit in der Omer-
Periode. Worum geht es in dieser Zeit?
Dies war ursprünglich eine Zeit der Freude, in der man die erste Getreideernte einfuhr und Opfer darbrachte. Das Omer ist eine Feldgarbe. Doch nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels änderte sich der Cha-rakter in eine Trauerperiode. Denn in diesen Wochen haben sich viele tragische Er-
eignisse der jüdischen Geschichte zugetragen: Vertreibungen, Ritualmord-Anklagen, Niederschlagung des Bar-Kochba-Aufstandes, Ausbruch der Pest unter den Schülern des Rabbi Akiva und schließlich dessen Er-
mordung.

Steht auch Lag BaOmer in diesem Zu-
sammenhang?
Ja, ›Lag‹ bedeutet 33. Und am 33. Tag der Omerzeit endete die Pest. So wird an diesem Tag die Trauerperiode unterbrochen. Es dürfen Dinge getan werden, die in der Omer-Zeit sonst verboten sind: Haarschneiden, Musikhören, Tanzen, Hochzeiten feiern.

Was ist das Omer-Zählen?
49 Tage nach Pessach findet das Schawuotfest statt. Pessach ist die Befreiung aus der Sklaverei und Schawuot die endgültige Befreiung, durch den Erhalt der Tora am Berg Sinai. Es ist eine Mizwa, diese Tage – verbunden mit einem Segensspruch – jeweils abends zu zählen. Dies hat Parallelen in der christlichen Liturgie, wo Pfings-
ten, also Pentecoste, 50 Tage nach Ostern gefeiert wird. Die jüdische Tradition wurde von den Christen übernommen.

Die Trauerriten zu Omer beziehen sich auf Ereignisse vor hunderten oder tausenden Jahren. Was ist davon heute noch aktuell?
Wir lesen in der Pessach-Haggada, dass wir den Auszug aus Ägypten so feiern sollen, als hätten wir das Ereignis selbst erlebt. Und wirklich haben wir ja in der nachfolgenden Geschichte die Befreiung aus der Sklaverei und Verfolgung immer wieder am eigenen Leib erfahren. Dass wir heute als Juden – gerade in Deutschland – frei leben können, ist etwas ganz Besonderes. Nach Ostern ist uns Juden immer viel Schlechtes widerfahren. Denken Sie nur an die vielen Anfeindungen wegen der Lüge, wir Juden würden die Mazzot mit Christenblut backen. Und diese Legende lebt weiter. Das ist nichts Gestriges, das ist immer noch in den Köpfen der Menschen. Es ist sehr präsent, auch und gerade nach der Schoa.

War das Motivation, ein Buch über das Ju-
dentum zu schreiben?
Ich habe es gemeinsam mit Ulrich Michael Lohse verfasst – auch für jüdische Leser. Aber im Hinblick auf nichtjüdische Leser meine ich, dass Wissen die Menschen toleranter macht. Wissen baut Vorurteile ab. Ein Phänomen des Judenhasses ist doch, dass manche Menschen, die keine Juden kennen, den Juden gegenüber besonders feindlich eingestellt sind. Insofern war es uns wichtig, Informationen zu vermitteln. Nicht nur einfache Begriffe, sondern auch etwas komplexere Hintergründe.

Gibt es auch Juden, die, wie der Buchtitel andeutet, » ...sich nicht zu fragen wagten«?
Die gibt es. Und dabei hatten wir nicht nur die russischsprachigen Zuwanderer im Blick. Die möchte ich ausdrücklich in Schutz nehmen, denn sie haben 70 Jahre Sowjetunion erlebt, wo jegliche Religionsausübung verboten war. Auch unter den sogenannten »Alteingesessenen« gibt es je-
ne, die erschreckend wenig Ahnung vom Judentum haben.

Und dagegen wollten Sie etwas tun, ob-wohl Sie kein Rabbiner, sondern Neurologe und Psychiater sind?
Ja, denn ich lebe das Judentum jeden Tag, mit meiner Frau und meiner Familie. Zu-
dem bin ich ehrenamtlicher Vorbeter der Hamburger Gemeinde und Referent für jü-
dische Geschichte und Religion. Ulrich Mi-
chael Lohse ist von Beruf Zahnarzt, er war lange Gabbai unserer Synagoge. Wir hatten gemeinsam die Idee für dieses Buch. Wir wollten ein Glossar zusammenstellen, kein Lesebuch, sondern ein Buch, in dem die Begriffe und Grundlagen des Judentums erläutert werden, kurz und lesbar.

Mit dem Autor sprach Detlef David Kauschke.

Iran-Krieg

Steinmeier sieht noch Chancen für Diplomatie

Für Diplomatie ist im nahen Osten derzeit kein Raum. Das muss aus Sicht von Bundespräsident Steinmeier aber nicht so bleiben

 18.06.2025

Berlin

Antimuslimischer Rassismus trifft Frauen besonders stark

Übergriffe auf Menschen, die Muslime sind oder als solche wahrgenommen werden, haben nach Aussage von Mitarbeitern von Beratungsstellen ein alarmierendes Ausmaß erreicht

 17.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025