Delmenhorst

Ende des Feilschens

»Die Stadt hat das Hotel gekauft«, Pedro Becerra ist sehr erleichtert. Es wird kein rechtes Schulungszentrum im ehemaligen Hotel am Stadtpark in der niedersächsischen Stadt bei Bremen geben. »Das ist wirklich sehr gut«, sagt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Delmenhorst und lobt vor allem den Einsatz des Forums gegen rechts und die Bürger der Stadt. »Was die auf die Beine gestellt haben, ist schon einzigartig«, sagt der 48-Jährige, der Bürgergruppen auch in die Gemeinde eingeladen hatte, um sie mit dem Leben von Juden in der Stadt vertraut zu machen und die Gefühlslage zu verdeutlichen, in der sich Juden dieser Tage angesichts des drohenden rechten Schulungszentrums befinden.
Als im Sommer dieses Jahres bekannt wurde, dass der rechtsgerichtete Hamburger Jurist Jürgen Rieger das seit einem Jahr leer stehende Hotel Am Stadtpark im Namen der Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation kaufen wollte, war ein Sturm der Entrüstung in Delmenhorst losgebrochen. Hinter der als englische Firma geführten Einrichtung für Fruchtbarkeitsforschung verbirgt sich eine rechte Kaderschmiede, für die Rieger bereits im nieder- sächsischen Landkreis Verden den Hei- senhof gekauft hatte, um dort ebenfalls ein rechtes Schulungszentrum aufzubauen. Das Vorhaben scheiterte damals am Widerstand der Stadt Dörverden und des Landkreises.
Delmenhorst hat nun einen ähnlichen Erfolg erzielt, allerdings zu einem hohen Preis. Drei Millionen Euro hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft GSG für das Gebäude bezahlt. Mit einer Vielzahl von Aktionen, Konzerten und Demonstrationen in den vergangenen sechs Monaten wurde Geld gesammelt, um das Kaufinteresse Riegers zu durchkreuzen. Mehr als 937.000 Euro sind dabei durch Spenden aus der Bevölkerung, Delmenhorster Behörden und Initiativen aufgebracht worden. Rieger hatte 3,4 Millionen Euro angeboten, die der Hotelier Günter Mergel nicht unterschreiten wollte.
Wie die Immobilie künftig genutzt werden soll, ist allerdings noch unklar. Die Delmenhorster Bürger wurden aufgerufen, Vorschläge zu machen. Im Gespräch war bereits, dort ein Altenheim oder Jugendzentrum einzurichten. Oberbürgermeister Patrick de la Lanne mahnt jedoch, dass die Projekte finanzierbar sein müssen.
Für Pedro Becerra ist wichtig, dass die Gefahr des Schulungszentrums abgewandt ist. Wie viele Kritiker des städtischen Kaufangebotes sieht auch Becerra die Gefahr der Erpressbarkeit, wenn Städte hohe finanzielle Risiken auf sich nehmen, um bei solchen »an sich meist nutzlosen und minderwertigen Immobilien da- gegenhalten« zu können. »Man muss sich generell mal überlegen, ob solchen Leuten einfach die Handlungsbasis entzogen werden muss.« Das unwürdige Feilschen ließe »sich in Zukunft nur vermeiden, wenn man die NPD politisch verbietet. Nur dann haben die Behörden ein juristisches Mittel in der Hand und können dem Einhalt gebieten«, sagt Becerra. Heide Sobotka

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025